Kultband aus Schweden zwischen Hardrock, Pop, Folk, Symphonic & Prog.
http://www.ritual.se/Ritual_Official_Web/Home.html 1995 Ritual

1999 Superb Birth

1999 Did I go wrong (EP)

2003 Think like a Mountain

2006 live

2007 The Hemulic Voluntary Band








Christian Rode:
Dieses Debut-Album hat mich wie lange keines mehr einfach weggeblasen und war nicht mehr aus meinem CD-Player zu kriegen. Die Schweden, die immerhin die Flower Kings und Anekdoten zu ihren Freunden zählen, bringen eine absolut eigenständige, vor Kraft strotzende Mischung aus Folklore-Elementen, Powerrock a la Queen und proggigen Arrangements und Versatzstücken, eine Mischung voll von Experimentierfreude und Verspieltheit.
Dabei wirkt nicht immer alles wie aus einem Guß. Das gelingt auf den Folgealben besser. Auf RITUAL hört man ungeheuer melodischen Progrock z.T. mit Melodien zum "Mitgröhlen" (Wingspread, Dependence Day, You can never tell), Madrigalmäßiges (The Way of Things), Töne aus dem Froschtümpel (A little more like me), Sahne-Progger (Typhoons Decide, Solitary Man mit komplexer Songanlage und sehr proggigem Instrumentalteil mit Orgel und Fidel, Big Black Secret - tiefgründiger Prog) und auch total Abgefahrenes, Hörspielartiges (Seasong for the Moominpappa). Das ganze Sammelsurium schließt mit dem bedächtigen Power Place.
Die Texte von Ritual halten, was der Bandname verspricht: magische Naturverbundenheit scheint oft hervor. Eine kongeniale Ergänzung zur Musik.
Ach ja: Immer wieder werden als Referenzen Bands wie Yes und auch Gentle Giant genannt. Gentle Giant kann ich persönlich nicht so recht nachvollziehen, aber mancher Backgroundgesang (Wingspread) oder manches Gitarrenspiel (The Way of Things) erinnert kurzzeitig an Yes. Ist aber eher ein flüchtiger Eindruck. Das Gleiche trifft auf Genesis-Anklänge bei der Gitarre zu (bei Life has just begun erinnern mich einige Stellen an die Gitarrenarbeit von Anthony Philipps). Ja, und die Melodie der Strophen von Solitary Man lässt mich ebenfalls kurzzeitig an Deep Purple denken. Aber so geht es einem bei dieser Scheibe fortlaufend: Man meint etwas herauszuhören, aber die Versatzstücke sind so geschickt eingeflochten, dass sie sich organisch in den Stil der Band einpassen. Sonderklasse!
Piotre Walter:
RITUALs erstes Album ist in der Tat ein Album der Sonderklasse. Ein Mix aus Powerrock, folkloristischer Kammermusik und Progressive Rock. Das Ganze mit absolut perfekten Arrangements und sehr viel Fröhlichkeit und Gefühl. Auch haben die Jungs eine unerhörte Power und Drive. Die Verwandschaft zu Gentle Giant ist für mich recht nachvollziehbar (allerdings nur bei der Debut-Scheibe). Der Einsatz der elektrischen Geige, der Einsatz der Flöte, die kammermusikartigen Folkeinlagen, die Kombination von Mandoline und Akustik-Gitarren erinnern sehr an GG. Speziell "A little more like me" beginnt mit typischem "Giant"-Piano und wie die verzerrte elektrische Gittare dazu quäkt, selbst die Gesangsmelodien könnte ein Shulman oder Minnear komponiert haben.
Allerdings ist der Gesang von Patrik Lundström noch besser und beeindruckender als der von Shulman. Einen Vergleich zu Freddy Mercury könnte ich da durchaus nachvollziehen, weil der Mann einfach ebenfalls göttlich in Qualität, Reinheit, Höhe, Power und Gefühl singt. Die Stimme bläst einen förmlich weg. Ebenso erinnert der mittelalterliche Touch von "Dependance Day" und dessen mehrstimmige Gesangs-Arrangements stark an GG. Aber wie mein Vorredner schon schreibt, die Scheibe ist sehr vielschichtig. Mitgröll-Hymnen, Bombast-Prog (z.B. "Big Black Secret"), Folkrock und Powerrock werden so stimmig und perfekt miteinander verwebt und vorgetragen, daß ich um 15 Punkte nicht herumkomme. Hier sollte der Frickel-Fan als auch der Neo-Proggie ins schwärmen geraten!
Sie waren einmal auf Burg Herzberg & ich war begeistert! Ich denke 2003 müßte hinkommen. Leider ist funkstille & Patrik Lundström singt bei Kaipa!SOON hat geschrieben:sehr interessante band.
Ich habe die Ritual und Think like a Mountain, beide empfinde ich als Bereicherung für meine Sammlung.
2003 (ich glaube es war 2003) habe ich sie auch Live erlebt.

Christian Rode:
Die Verspieltheit und Experimentierfreude ist Ritual auf ihrem 2. Album im Vergleich zum Debut leider etwas abhanden gekommen. Dafür haben sie eine starke Vorliebe für Led Zeppelin-mäßiges entwickelt. Das führt dazu, dass Vergleiche mit anderen Bands aus der Led Zep-Schule wie z.B. Tea Party auch nahe liegen. Ich würde dieses Album als Mischung aus Led Zeppelin und Queen charakterisieren mit einem Schuss Folklore dabei. Also auch gewiss keine langweilige Mischung, aber eben nicht mehr so innovativ-eigenständig wie auf dem Debut. Insgesamt wirkt diese Scheibe gradliniger und z.T. auch etwas AOR-orientiert, ohne aber je ins Mittelmaß abzufallen.
Neben Rockern im o.g. Stil (Dinosaur Spaceship, Really Something, Into the Heat, Mothersong, Did I go wrong) gibt's auch die akustische Seite von Led Zep (Golden Angel) bis nahe zum Plagiat (Sadly unspoken), das tatsächlich problemlos seinen Platz auf Led Zeppelin IV hätte finden können. Sogar die Vocals, die sonst eher mal an Freddie Mercury erinnern, sind hier auf Robert Plant getrimmt. Und die Gitarre sowieso.
Aber auch durchaus Eigenständiges mit Anschlussfähigkeit an das Debut bieten die Songs Coming Home (mit Sitar), Lobby (dem Reggae) und dem noch proggigsten Stück 6/8, das aber leider viel zu kurz geraten ist. Überhaupt vermisse ich auf diesem Album die phantastischen Instrumentalpassagen des Debuts RITUAL.
Gleichwohl ein kraftvolles Powerrock-Album für Freunde des 70-er Jahre-Rock, das Spaß macht. Aber im Vergleich zu den anderen beiden CDs die bis dato schwächste Leistung der Band. Lässt zum Ende hin auch etwas nach.

von: Kristian Selm
Als Appetithappen zum kurz danach veröffentlichten Album "Superb birth" brachten Ritual 1999 die 4 Track EP "Did I go wrong" heraus. Da das zweite Album im Eigenvertrieb erschien, diente diese Maxi CD hauptsächlich zu Promotionzwecken, wobei sie aber für kurze Zeit auch käuflich zu erwerben war, inzwischen aber eher als rares Sammlerstück gesucht ist.
Enthalten sind drei Titel ("Did I go wrong", "Into the heat", "Sadly unspoken"), die sich genau in den gleichen Versionen auch auf dem Album wiederfinden. Hier sei auf die Kritiken zum Album "Superb birth" verwiesen.
Interessant ist aber vor allem der vierte Track "Breathing", der hier als Demoversion von 1997 enthalten ist, aber erst sechs Jahre später auf dem dritten Ritual Album "Think like a mountain" landen sollte. Von der Grundstruktur ist der Song komplett identisch zur später aufgenommenen Version, dafür ist auf dem Demo deutlich mehr Mellotron zu hören, hat er insgesamt eine noch verträumtere Stimmung als die spätere Aufnahme.


von: Christian Rode
Der Bandname trifft ziemlich gut den magisch-natürlichen Touch der Band. Auch die Texte sind wieder - wie beim Debut - stark naturverbunden-pantheistisch orientiert.
An Prog-Rock denke ich bei dieser Scheibe nicht sogleich. Ist ungefähr so proggig wie die drei letzten Alben von Motorpsycho. Oder anders ausgedrückt: Auf der beidseitig geschlossenen Progskala von 1-15 würde ich progtechnisch etwa ne 10 vergeben, d.h. mit leichtem Progeinschlag versehen. Nicht so abgefahren und proggig wie das Debut, aber schon wieder stärker dem Prog zugewandt als das stark Led Zep-infizierte Vorgänger-Album.
THINK LIKE A MOUNTAIN lässt sich nicht auf einen einfachen Nenner bringen. Da wird wie beim Debut wieder druckvoller Folkrock mit progressiven Ingredienzien versehen. Dazu der absolut stimmgewaltige Sänger Lundström, der unglaubliche Ohrwurmmelodien intoniert. Soundtechnisch sowieso oberklasse!
Fazit: Ritual haben nach dem etwas eindimensionalen SUPERB BIRTH wieder ihre proggigen Wurzeln entdeckt und sich gerade vom Led Zep-Trip verabschiedet, was der Scheibe gut getan hat. THINK LIKE A MOUNTAIN hat - bei aller Vielfalt - nicht die Vielschichtigkeit des Debuts RITUAL, wirkt aber insgesamt geschlossener, was dem Album auch gut tut, und klingt wieder sehr eigenständig. Absolut hörenswert für Proggies, die proggigen Powerrock mit phantastischen Melodien schätzen.
von: Thorsten Gürntke
Ich muss schon sagen, dass ich etwas skeptisch war, als ich diese CD erstmalig in den Player warf. Der Grund ist der, dass das Debüt der Schweden wirklich gigantisch war und eine tolle Mischung aus Folk, schwedischem Prog, grandiosen Melodien, Leichtigkeit und Spielwitz bot, die zweite CD "Superb Birth" aber doch kaum diese Merkmale aufwies, sondern wesentlich straighter und kompakter war. Von daher war die Spannung groß, wohin die Band nun gegangen sein würde.
Glücklicherweise ist man den richtigen Weg gegangen. Man hat seinen Spielwitz wiedergefunden und beweist, warum man sich durchaus zur Speerspitze in nordeuropäischen Gefilden zählen darf: Die Melodien laufen gut ins Ohr, die Musik ist trotzdem gespickt von wilden Spielereien, dazu kommt natürlich auch wieder toller Gesang von Patrik Lundström, der ja auch die letzte KAIPA veredelt hat. Einzig die Leichtigkeit des Debüts, die Unbefangenheit, vermisse ich an vielen Stellen des Albums. "Think Like A Mountain" bringt viel 'typisch' schwedisches Flair mit, ein Flair, welches in konzentrierter Form auch bei Bands wie ÄNGLAGARD, ANEKDOTEN oder auch ISILDURS BANE zu hören ist.
Es ist daher nicht erstaunlich, wenn ich sage, dass besonders die Balladen auf "Think Like A Mountain" zuckersüß und melancholisch schwer daherkommen. Die Schwere der Stimmung schwingt in vielen Passagen mit (Humble Decision, Moomin Took My Head), der folkige Touch lockert da einiges wieder auf (Once The Tree Would Bloom, On). Mit "Breathing" hat man sogar einen todtraurigen Mellotron-Song dabei, der so richtig unter die Haut läuft. Aber das ist nicht alles. Hin und wieder schimmert einen Hauch Alternative-Rock aus den progressiv-folkigen Höhlen des RITUAL Klang-Berges (Shamanarama, Explosive Past). Dann wird es etwas straighter und weniger verspielt.
Insgesamt also ein sehr vielseitiges Album, das für Einsteiger sicherlich genau richtig ist und die Band von beiden Seiten zeigt, ihrer verspielt folkigen und der straighten. Wichtig ist es, das Album wirken zu lassen. Gönnt euch mehrere Durchgänge und ihr werdet die Klangvielfalt auf "Think Like A Mountain" zu schätzen wissen. Trotzdem sei an dieser Stelle nochmal auf das Debüt der Schweden aus dem Jahre 1995 verwiesen, welches mit noch mehr Leichtigkeit daherkommt.