[REVIEW] Steve Hackett - The Circus And The Nightwhale (2024)

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SOON
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[REVIEW] Steve Hackett - The Circus And The Nightwhale (2024)

Beitrag von SOON »

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Im Jahr 2011 erschien Beyond The Shrouded Horizon, sein bis dato letztes Scheibchen, dass ich mir zugelegt habe, danach habe ich das Interesse am Meistergitarrist verloren.
Es ist nicht so, dass Hackett danach stillsaß und sich einfach vom Wind der Welt treiben ließ. Weit gefehlt.
Er veröffentlichte Alben, die in ihrer Art und ihrem Charakter variierten, und tourte mit verschiedenen Besetzungen seiner Band, um sowohl seine eigene Musik auf die Bühnen zu bringen als auch dem Erbe der Blütezeit von Genesis, ja, den 1970er Jahren, gerecht zu werden.

Und nun gibt es sein nunmehr 30. Soloalbum. Wenn man sich das anhört, bleibt einem der Mund offen stehen angesichts dessen, was der beste Mann der Welt darauf gesammelt hat.
Es ist im wahrsten Sinne des Wortes progressiv, und zwar nicht in Form von grandiosen Songs von ungeheurem Ausmaß, sondern in Form einer Vielzahl von Liedern, die sich in ihrem Aufbau deutlich voneinander unterscheiden, wobei, das muss gesagt werden, Bombast und Orchestrierung keineswegs gemieden werden.
Die dreizehn Tracks des Albums sind sehr abwechslungsreich und, ja, natürlich, Steves himmlisches Gitarrenspiel durchzieht sie alle. Wie könnte es anders sein?

Obendrein handelt es sich um ein Konzeptalbum über das Leben von Travla, das durchaus Parallelen zu Hacketts Lebensweg aufweist.
Zu Beginn erklingen Klänge aus den 1950er Jahren, und wir tauchen ein in die Kindheit des jungen Travla und des jungen Hackett, der gegenüber der berühmten Battersea Power Station aufwuchs.
Klänge, die also auf seine Jugend zurückgehen. Wenn man in die Texte eintaucht, kann man Steves Entwicklung leicht nachvollziehen, einschließlich des Wechsels zu und von Genesis.

Das Album ist eine musikalische Reise durch verschiedene Länder und Kulturen, die Hackett im Laufe seines Lebens besucht hat.
Von England über Italien und Frankreich bis hin zu Indien und China spiegeln die Songs die Einflüsse wider, die er aufgenommen hat.
Dabei schafft er es immer wieder, seinen eigenen Stil zu bewahren und zu verfeinern.
Die Musik ist mal sanft und melodisch, mal kraftvoll und dynamisch, mal exotisch und mystisch.
Es gibt Instrumentalstücke wie "Wingbeats" oder "Shanghai To Samarkand", die den Hörer in ferne Welten entführen, aber auch Gesangsstücke wie "Natalia" oder "Scarlatti Sonata", die von seiner Liebe zu klassischer Musik zeugen.
Die Texte sind mal persönlich und autobiografisch, mal poetisch und philosophisch.
Sie erzählen von Träumen und Sehnsüchten, von Verlusten und Hoffnungen, von Schönheit und Schrecken.

Das Album ist ein Meisterwerk eines Künstlers, der sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruht, sondern immer wieder neue Herausforderungen sucht und meistert.
Es ist ein Album für alle Fans von progressiver Rockmusik, aber auch für alle, die sich für die Welt und ihre Vielfalt interessieren.
Es ist ein Album zum Genießen und Nachdenken, zum Staunen und Bewundern.

Steve hat auf seinen Alben immer gezeigt, dass er sich nicht auf ein einziges Genre festlegen lässt.
Er konzentriert sich genauso auf Jazz-beeinflusste Songs, Latin-Klänge, Weltmusik, Blues und, ja, in der Art, wie er spielt, kann man natürlich auch progressive Skizzen, Muster und Teile hören.
Auch dieses Album ist da keine Ausnahme. Es ist äußerst abwechslungsreich und man hat keineswegs das Gefühl, einem gestandenen Musiker zuzuhören, der sich nicht mehr beweisen muss. Nein, Steve hat einfach sein dreißigstes Album zu einer umwerfenden Veröffentlichung gemacht.

Nicht nur seine Band hat an dem Album mitgewirkt: am Schlagzeug Craig Blundell, am Bass Jonas Reingold, an den Tasten Stammgast und Arrangeur Roger King (ja, Marks Bruder) und, ebenfalls seit einiger Zeit in der Band aktiv, Rob Townsend am Saxophon.
Sänger Nad Sylvan tritt nur bei Taking You Down auf und das mit Verve. Steve singt selbst nicht unverdient und außerdem hören wir Amanda Lehmann, die auch schon mehrfach mit Steve zusammengearbeitet hat. Neben Craig hören wir auch Hugo Degenhardt und Nick D'Virgilio am Schlagzeug.
Als weitere Gäste sind Bruder John Hackett an der Flöte und Malik Mansurov zu hören, der mit dem Klang seiner Tar -einer Art Laute- beeindruckt: man höre sich nur Circo Inferno an: wirklich fantastisch! Hier wird auch nachdrücklich auf Hacketts Zeit bei Genesis hingewiesen.

Schwungvoll. Dieses Wort kommt einem in den Sinn, wenn man sich dieses Album anhört, und es ist eine Sprunghaftigkeit von ähnlicher Art, wie sie das gefeierte The Lamb Lies Down On Broadway seinerzeit als Album hatte.
Nein, es geht hier nicht darum, dass Hackett ein Werk mit dieser Anziehungskraft abgeliefert hat, aber es ist schön zu hören, dass gerade er es ist, der diese Sprunghaftigkeit auch jetzt noch mitbringt.
Das gibt dem Album von Anfang an etwas Besonderes.

Steve Hackett hat sein 30. Album zu einem sehr guten gemacht. Nennen wir es progressiv, weil es progressiv ist, und nicht, weil es in ein bestimmtes Genre passt. Wenn du ein Liebhaber von abenteuerlicher Musik verschiedenster Art bist, ein Liebhaber von Hackett, dann schlage blind zu.
Vor allem aber: Verwöhnen deine Ohren und genießen Sie dieses wunderbare Album!

1. People of the Smoke (4:51)
2. These Passing Clouds (1:34)
3. Taking You Down (4:17)
4. Found and Lost (1:50)
5. Enter the Ring (3:52)
6. Get Me Out (4:15)
7. Ghost Moon and Living Love (6:43)
8. Circo Inferno (2:30)
9. Breakout (1:37)
10. All at Sea (1:46)
11. Into the Nightwhale (4:06)
12. Wherever You Are (4:18)
13. White Dove (3:13)

Line-up / Musicians
– Steve Hackett / electric and acoustic guitars, 12-string, mandolin, harmonica, percussion, bass, vocals

Roger King / keyboards, programming, orchestral arrangements
Rob Townsend / saxophone
Jonas Reingold / bass
Nad Sylvan (Agents of Mercy, Unifaun) / vocals
Amanda Lehmann / vocals
Benedict Fenner / keyboards
John Hackett / flute
Malik Mansurov / tar
Craig Blundell / drums
Hugo Degenhardt / drums
Nick D’Virgilio / drums

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SOON
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Re: [REVIEW] Steve Hackett - The Circus And The Nightwhale (2024)

Beitrag von SOON »





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Aprilfrost
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Re: [REVIEW] Steve Hackett - The Circus And The Nightwhale (2024)

Beitrag von Aprilfrost »

Danke für die Rezi, die dem Album vollumfänglich gerecht wird. Ich habe das Album nun diverse Male durchgehört, und es wird nicht langweilig. Man liest oft den Vorwurf, seit Wolflight seien die Stücke auf den Alben austauschbar und von Roger King torarrangiert worden, und dass der Nightwhale in dieser Tradition stünde. Das ist nachvollziehbar, aber das neue Album spielt durch das ganze Konzept, die Vielseitigkeit und auch durch die Kompositionen vielleicht nicht unbedingt in einer anderen Liga (oder doch?), steht aber bei Hackets Scheiben ganz oben im Ranking.
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