Glass Hammer: "The Breaking Of The World"

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Peter
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Glass Hammer: "The Breaking Of The World"

Beitrag von Peter »

Hier meine Rezension von "The Breaking Of The World"
Ich bin das 1.mal auf Glass Hammer aufmerksam geworden durch das Album "Culture Of Ascent", das mit einer Coverversion von South Side Of The Sky startet und auf einem weiteren Track mit der Vocalisation von Jon Anderson im Hintergrund veredelt ist, dem wunderschönen "Life By Light".
Seit den beiden Alben "If" und "Cor Cordium" gehört Glass Hammer zu den wenigen Bands, die mich richtig begeistern können, nicht zuletzt wegen des fantastischen Gesangs eines gewissen Jon D's, damals war überhaupt noch nicht abzusehen, dass er der Sänger von Yes wird. Der Longtrack "To Someone" gehört hier zu herausragenden Stücken, erstaunlicher Weise der Lieblingstrack meiner jüngeren Tochter, die 8 Jahre alt ist!
Nicht zuletzt ist es dem Umstand, dass GH das neue Album ohne JD aufgenommen haben, geschuldet, dass meine Erwartungshaltung gegenüber diesem Album eher gedämpft war. Um so erfreulicher, dass GH mit "The Breaking Of The World" ein sau starkes Album gelungen ist, bei dem tatsächlich jedes Stück sitzt und an der richtigen Stelle platziert ist, eine Qualität, die ich vor allem bei Yes Alben kenne, sonst aber selten finden kann.
Die Band arbeitet hier wieder mit Carl Groves als Hauptsänger zusammen, bei Track2 "Third Floor" kommen auch noch Fred Schendel und Susie Bogdanowicz (, die auf The Culture Of Ascent das SSOTS Cover singt) dazu, die auf Track 8, "Haunted", den alleinigen Lead Gesang übernimmt, eine interessante Mischung, zumal alle Sänger hervorragend eingesetzt sind. Für die Lyrics sind die GH - Urgesteine Fred Schendel und Steve Babb zuständig, aber bei 2 Songs auch Carl Groves, bei Track 6 "Bandwagon" und dem Meistertrack des Albums, "Nothing, Eveything" (Track 9).
Eine weiter Neuheit auf dem Album ist, dass GH hier mit dem Drummer Aaron Raulston als festes Bandmitglied zusammenarbeiten, die Drums klingen durchweg sehr stark, zb. beim Finale von "Third Floor", und gleichzeitig sehr virtuos, eine wahre Freude!
Im gesamten Klangbild und bei den Songstrukturen knüpfen GH an die stärkeren Stücke des Vorgänger Album "Ode To Echo" an, ein klarer, durchaus warmer und dabei eher trockener Sound, der die Virtuosität auf allen Ebenen durchkommen lässt. Wie man es bei dieser Band erwartet, schweben hier Retro Keyboard Klänge und Hammond Orgel über Squire artigen Bass Linien, brillante Jazzrock artige Gitarren Parts ergänzen das Bild, bei "Bandwagon" und "Babylon" (Track3) treten akustische Instrumente (Querflöte / Geige) hinzu, was an Crowbone Von "Ode To Echo" anknüpft.
Jetzt ein paar Anmerkungen zu den einzelnen Stücken:
Das Album eröffnet mit dem sehr soliden Mythopeia, das die GH Standdarts hervorragend bedient. Hier fällt mir vor allem Part 2 auf, ein ruhiger, akustischer Teil von einer Qualität, die ich auf vorangegangenen Alben nicht kenne.
Der 1. Höhepunkt des Albums ist bereits Track 2, "Third Floor", mit Susie B als Hauptsängerin. hier finde ich neben der tollen Gesamtkomposition das Spiccato Riff in der Gitarre besonders gelungen.
Track 3 ist ein typischer GH Song, der zunächst vom virtuosen Einsatz der Querflöte lebt und einen recht eingängigen Refrain "No Return" hat,
Jetzt kommt bereits der nächste Höhepunkt, das sehr kurze, aber geniale, Jazzrock artige und an "Soundchaser" erinnernde "A Bird When It Sneezes" aus der Feder des fantastischen Gitarristen der Band, Kamran Alan Shikoh, das quasi als Intro zum nun folgenden Track 5 "Sand" dient.
"Sand" ist eine grandiose Komposition, die zunächst ruhig, flächig und von akustischen Klavierakkorden getragen daherkommt, ein aus meiner Sicht eher untypisches Stück für GH, das nach "Britpop" von Feinstem klingt, Carl Groves singt unglaublich, die Komposition spitzt sich nach 2 Durläufen von Strophe und Refrain zu und mündet in ein grandioses, Rock artiges Zwischenspiel mit Hammer Unisono Synkopen, die an Squire-White der besten Tage erinnern, und endet dann wieder mit den sphärischen Klavierakkorden - ein Meisterstück, das durch diese Intensität und Ganzheitlichkeit bei einer relativ kurzen Gesamtlänge von knapp 6 Minuten zu meinem All Time Lieblingsstück geworden ist.
Danach folgt das extrem virtuose und unterhaltsame "Bandwagon" (Track6), das nach gut 3 min in ein barockes Interplay mündet, das ein tolles polyphones Duo von Bass und Keys beendet, eine wahre Prog Freude!
Ein weiteres Highlight kommt jetzt mit Track 7 "Haunted", eine Art Moll Ballade, wunderbar gesungen von Susie B, mit anrührenden Lyrics, rhythmisch sehr raffiniert verpackt, mit tollem Prog Interplay und wieder mit einem ausgesprochen schönem akustischen Abschlusspart.
Track 8, "Northwind" ist dann wieder eine typische GH Komposition, geprägt von einer Grundpolyphonie, die zunächst vom Bass ausgeht und sich dann auf die anderen Instrumente überträgt.
Den Abschluss bildet die Meisterkomposition des Albums im Sinne des Genres, für das GH steht, Track 9, "Nothing, Everything", in gewisser Weise vergleichbar mit dem Opus Magnum aus "Heaven And Earth", "Subway Walls".
Hier passt alles zusammen, starke Lyrics, unglaublich tolles Arrangement, toller Gesang, ein sehr jazziges Zwischenspiel, ein wunderbarer lyrischer Mittelteil und am Ende ein virtuoses Finale, wenn das Stück überraschend schnell vorbei ist, denkt man: "Gleich noch mal von vorne Anhören!". Grandiose Musik!
Das gilt in gewisser Weise für das ganze Album, zusammenfassend kann man sagen, dass GH durch das Wagnis, zum Teil stilistisch eher untypische Stücke, die aber meisterhaft inszeniert (Track 5 und 7), und diese dann mit besonders gelungenen Kompositionen ihres Stils zu kombinieren, ein grandioses Prog Album gelungen ist, das sich durchaus in der höchsten Liga bewegt und für mich als eingefleischten Yes Fan, der immer auf der Suche nach vergleichbarer Musik , selten jedoch fündig ist - zumindest in dieser Gesamtheit - eine wahrer Glücksfall ist.

Royale
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Re: Album des Monats - Rezension von "The Breaking OF The World"

Beitrag von Royale »

Moin Peter,

ganz herzlichen Dank für diese lebhafte und begeisternde Rezension! Du legst mit Yes ja einen sehr hohen Maßstab an und der Trailer:



klingt in der Tat sehr yessig. Ich habe, wie vielleicht auch andere hier, von GH erst durch den Davison bei Yes mitbekommen. Dass sie hier mit einem anderen Sänger aufwarten finde ich aber eigentlich noch interessanter, als "Davisons Band" zu hören.
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nixe
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Re: Album des Monats - Rezension von "The Breaking OF The World"

Beitrag von nixe »

Eine sau starke Rezi, Peter!
Ich kenne Glass Hammer seit 2004 der Lex live (DVD) & The Inconsolable Secret, bin dann aber, auf Empfehlung, wieder bei Cor Cordium eingestiegen. Hatte sie zwischendurch aus den Augen verloren, da zu der Zeit garnicht leicht ranzukommen war! The Breaking of the World & Culture of Ascent muß ich mir noch zulegen, denn Deine Rezi war zu gut!!!
Tschüß
nixe

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Aprilfrost
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Re: Album des Monats - Rezension von "The Breaking OF The World"

Beitrag von Aprilfrost »

Schöne, begeisternde Rezi, Peter. :good: Ich höre gerade Trailer Nr. 2.



Glass Hammer kenne ich schon lange. Die frühen Alben habe ich lange nicht gehört, weil ich sie damals eher Mittelklasse fand. Das neue Album klingt vertraut sperrig, was wir ja von vielen Yes-Alben auch kennen. Schade, dass Spotify das Album noch nicht hat. Bevor ich es mir kaufe, hätte ich gern noch mehr Eindrücke als diese Ausschnitte auf den Trailern. Bis dahin werde ich mich noch mal mit den anderen Alben beschäftigen (Perilous, 3 Cheers..., Shadowland, Dunedan, Perelandra).
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SOON
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Re: Album des Monats - Rezension von "The Breaking OF The World"

Beitrag von SOON »

Danke für die überaus informative und mitreißende Rezension, Peter!
Ich mag die neue CD ebenfalls.
Nicht, dass hier das Rad neu erfunden wurde aber die Scheibe macht einfach Bock auf Prog. :jc_doubleup:
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Peter
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Re: Album des Monats - Rezension von "The Breaking OF The World"

Beitrag von Peter »

Das stimmt, das Rad ist hier nicht neu erfunden, was mir halt gefällt, ist die durchgehend hohe Qualität der Songs,
sonst gefallen mir bei vergleichbaren Alben einzelne oder mehrere Stücke, hier bleib ich von Anfang bis zum Schluss dran.
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