Yes-Album der Woche: Genesis - "Seconds Out"

(feat. Bill Bruford) - vorgestellt von BBQ.Master

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BBQ.Master
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Yes-Album der Woche: Genesis - "Seconds Out"

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Genesis – Seconds Out

Disc 1:

1. Squonk
2. The Carpet Crawl
3. Robbery, Assault & Battery
4. Afterglow
5. Firth Of Fifth
6. I Know What I Like
7. The Lamb Lies Down On Broadway/The Musical Box (Closing Section)

Disc 2:

1. Supper's Ready
2. Cinema Show
3. Dance On A Volcano/Drum Duet/Los Endos

Line-Up:

Tony Banks - RMI Electric Piano, Hammond T. Organ, ARP Pro Soloist, Mellotron 400, Epiphone 12 string, Backing voices
Steve Hackett - Gibson Les Paul, Hokada 12 string
Phil Collins - Voice, Premier and Gretsch drums
Mike Rutherford - Shergold Electric 12 string & Bass, 8 string bass, Alvarez 12 string, Moog Taurus Bass pedals, Backing voices

Additional musicians:

Bill Bruford - Ludwig & Hayman drums, percussion (nur bei 'Cinema Show')
Chester Thompson - Pearl drums, percussion (außer 'Cinema Show')


Zu einer Zeit, als ich Genesis nur durch die Hits im Radio und „We Can’t Dance“ (was mich nie so richtig interessiert hat) kannte, wurde mir „Seconds Out“ empfohlen. Als ich dieser Empfehlung folgend die Platte später aufgelegt habe, das Publikum hörte und auf das erste Lied wartete, hatte ich keine Ahnung, welche Musik mich da erwarten würde. Mit dem Radio-Pop haben diese langsamen, schweren, schleppenden, aber spannenden Töne nichts zu tun, die da aus den Boxen donnerten. Ich konnte allerdings Phil Collins’ vertraute Stimme wiedererkennen, die dort über eine Märchenwelt sang. Was mich vor allem beeindruckt hat, war das Zusammenspiel von Gitarre und Keyboards, allen voran dem ARP-Synthesizer und Tony Banks’ einzigartigem Hammond-Sound. Das war etwas ganz anderes, kaum mit Yes zu vergleichen. Mit „Carpet Crawlers“, hier als „The Carpet Crawl“ bezeichnet, folgt dem Opener eines der allerbesten Genesis-Stücke, von dem selbst die Band sagt, dass es für sie wichtig ist. „Robbery, Assault & Battery“ kommt in dieser Liveversion wesentlich besser rüber als in der Studioversion, zumal das Stück 1977 brandneu war. Der Keyboard-Mittelteil macht es so interessant. „Afterglow“ ist eine klassische Ballade mit einem schönen Mellotron-Einsatz, quasi ein „Instant Classic“.
Die zweite Seite der Doppel-LP bietet das bombastische „Firth Of Fifth“ und eine locker startende Version von „I Know What I Like“, die sich schön aufbaut. Danach kommt die einmalige Mischung von „The Lamb Lies Down On Broadway“ mit dem Schluss von „The Musical Box“. Hier hätte ich lieber das „Lamb Stew“ gehört, ein Medley aus „The Lamb...“, „Fly On A Windshield“ und „Carpet Crawlers“, das wesentlich besser als dieser Mix ist und auch zu der Zeit gespielt wurde.
Die zweite LP startet mit einer genialen Version von „Supper’s Ready“, dem Epos, über das man ein ganzes Essay verfassen könnte. Allerdings muss ich hervorheben, dass der Schluss einer der schönsten, weil emotionalsten Momente des ganzen Albums ist. Nun kommt jedoch as beste Stück der Platte – „Cinema Show“. Hier werden alle Stärken der Band gebündelt: Der Wechsel von akustischen zu elektrischen Sounds (Banks’ Solo ist das Beste, was er je gespielt hat), das kraftvolle und treibende Schlagzeugspiel (hier zeigen Collins und Bruford, was sie draufhaben) und der unverwechselbare, „theatralische“ Genesis-Sound, der von Hackett, Banks und Rutherford ausgeht. Mit „Dance On A Volcano“ geht es in gleicher Stimmung weiter. Dieses schnelle, intensive Stück geht über in eines der ersten „Drum Duets“ zwischen Collins und Thompson, hier glücklicherweise noch in einem Kontext bzw. Song-Rahmen. Die Überleitung zu „Los Endos“ passt perfekt, ohne an Tempo zu verlieren, und nachdem der Hauptteil des Stücks gespielt wurde, schließt sich der Kreis des Albums. Mit der überbrodelnden Reprise von „Squonk“ endet dieses geniale Livealbum so, wie es begonnen hat.

„Seconds Out“ kam genau zum richtigen Zeitpunkt heraus: Hier hat die Band ihren Zenit erlebt. Zwar ist der Titel des Albums ein Ausruf aus dem Boxkampf, dass nun alle Sekundanten den Ring verlassen sollen, allerdings liegt die Interpretation nahe, dass Hackett als Zweiter die Band verlassen hatte und das Album ihm zu Ehren so heißt. (Der Titel des nachfolgenden Studioalbums, „...And Then There Were Three...“, legt dies jedoch eher nahe.) Die Band hat hier den starren Zwang der vorherigen Konzerte abgelegt, den Peter Gabriel als Hauptfigur und den Rest der Band zur reinen Begleitung vorgesehen hatte. Hier wurde mehr Wert auf die Musik und die Spielfreude gelegt. Danach ging es bekanntermaßen musikalisch langsam bergab. Nie hat Genesis besser geklungen.
"It's better to burn out than to fade away ...because rust never sleeps." - Neil Young

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