Ich glaube auch nicht, dass Rabin seine Kompositionen jemals auf
etwas zugeschnitten hat oder hätte. Als Komponist ist er ein Individualist
und Einzelkämpfer; nicht wirklich Band-tauglich. Man schneidet auch nicht die
Komposition, sondern eher ihr Arrangement auf etwas zu. Rabin war ein Gegner der Idee, die
Band Yes zu nennen. Aber im Generellen sind solche Diskussionen müßig. Im Prinzip
führt es unvermeidlich zur Frage: Howe oder Rabin? Beide sind auf ihre unterschiedliche
Art zwei der besten Gitarristen der Welt; Rabin setzt auf Schnelligkeit, Howe auf Vielfalt
und wirklich komplizierte Akkordwechsel und Strukturen.
Ich bin kein Fan der Trevor-Rabin-Ära, aber ich erkenne an, dass "90125" ein
gutes sehr gutes Album ist, YES oder nicht. Das gleich gilt für BIG GENERATOR.
Allein "Changes", "Leave It" und "It Can Happen" sind das Geld wert; und der beste Song
von allen, "Hearts", gibt mir zwar kein Yes-, aber ein typisches "Jon at his best" -Gefühl.
Als das Album heraus kam, kannte ich Yes noch gar nicht so lange, weil man im Osten nicht
allzu viel von ihnen mit bekam; jedenfalls nicht als Kind oder Jugendlicher. Ich hatte den Beat
Club 1969 mit YES sozusagen in Echtzeit gesehen, aber mein älterer Bruder, auf dessen
Tonbandmitschnitte ich angewiesen war, meinte: No. Dann spielte NDR2 in den Siebzigern
ab und zu mal was, nutzte sogar "Ritual" als Eingangsmelodie einer bestimmten Sendung.
Der DDR-Sender "Stimme der DDR" brachte innerhalb seiner hervorragenden Sendung "Das Album"
eine Vorstellung von TORMATO mit gründlicher Textanalyse. Ich hörte es, aber schnitt es leider
nicht mit, und leider führte es auch nicht dazu, dass ich versuchte, an Platten von YES zu
gelangen. Ich hatte diese hervorragende Analyse beinah vergessen, bis ich TORMATO 1984 in
Budapest kaufte, und wiedererkannte. Ein Schulfreund spielte uns YESSONGS um 1979 auf einer
Fete vor,aber, so nebenbei konsumiert, war es nichts als Krach für einen Neil-Young-Fan ...
Um 1983 hatte ich bereits fast alle bisherigen Yes-Platten entweder als Original in Budapest gekauft,
oder auf mein Stereo-Tonband gebannt. Und irgendwie war die erste Empfindung pure Freude,
dass es mit Yes überhaupt weiter geht. Dann dieser kraftvolle Sound. Und, anders als bei
Genesis in diesen Tagen, fand ich, dass man das hohe Niveau doch irgendwie gehalten hat;
nur ungeheuer komprimiert, verkürzt, als pure, gebündelte Energie. Klar, DRAMA war mehr mein
Fall, aber irgendwie hat mich der Charterfolg von "Owner Of A Lonely Heart" auch stolz gemacht.
"Ha", konnte man nun sagen, "dass ist die Band, die ich seit Jahren höre!"
Wären die Alben der 90er Jahre wieder sensationell typisches YES gewesen, würde ich sicher
sehr viel skeptischer auf die Rabin-Zeit blicken. Aber bis auf KEYSSTUDIO waren sie eben
nichts Besonderes; 90125 war, ohne jede Frage, aber etwas sehr Besonderes, -so, oder so.
Die Rabin-Ära wird mir allein durch TALK vermiest, dass ich für YES als absolut unpassendes
amerikanisches Radio-Gedudel empfand. Aber das wäre ein anderes Thema ...
90125 ist für mich mehr YES als OPEN YOUR EYES, und auf jeden Fall interessanter und
kraftvoller als MAGNIFICATION und THE LADDER. Nur TALK finde ich absolut mißlungen ...
"Hearts" wurde ja auch auf der "Ladder-Tour" gespielt. Es sollen davon auch Aufnahmen existieren.
Hm, kann mich nicht erinnern. Zu meiner positiven Überraschung spielten sie plötzlich
"Final Eyes", eventuell auch längere Zitate aus "Survival" ....