Ganz nah an Yes

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Wakey's #1 Fan
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Re: Ganz nah an Yes

Beitrag von Wakey's #1 Fan »

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soundmunich hat geschrieben: Der Hinweis ist dufte, aber leider fehlt es eben nun an der Verfügbarkeit der Inhalte.

Hat hier noch jemand das Interview gesondert abgespeichert (Nina doch sicher oder?)? Dann bitte notfalls nochmals als Text (mit Bildern?) hier posten - danke. (Notfalls "nehme" ich es gerne auch als Datei; dann bitte erst mal pn an mich, wenn meine direkte email zum Versand mit Anhang nicht greifbar ist.)
Nein habe ich nicht.
Poké-, Apple- und Yesfan!

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Der Teemeister
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Re: Ganz nah an Yes

Beitrag von Der Teemeister »

MEET AND GREET WITH YES

Leipzig, 05. März 2000, Haus Aueensee (Lunapark)

„Es ist an der Zeit, Dir etwas für Deine tolle Arbeit für YES zurückzugeben“, sagte Andreas, der Vertreter von Edel, dem deutschen Vertrieb von Eagle Records, im März 2000 zu mir, und übergab mir die Freikarte für das YES-Konzert am 05. März im Haus Auensee, das seit der sogenannten Wende nunmehr Luna Park hieß. Nun ja, wenn man eine Band mehr als alle anderen mag, fällt es Mitinhaber eines CD-Geschäftes natürlich recht leicht, ständig alle Produkte dieser Band im Angebot zu haben, das Schaufenster mit der aktuellen Scheibe (The Ladder), und den entsprechenden Postern zu dekorieren, und nach der beinah mit Notwendigkeit erfolgten Pleite erst als Gruppenleiter von WOM; dann als Verkaufsleiter Tonträger bei SATURN wenigstens ab und zu mal (und oft gegen den Willen von Kollegen und Geschäftsführern) den Verkaufsraum mit YES zu beschallen und ein gutes, ausgewogenes Sortiment zu führen. Es blieb jedoch nicht „nur“ bei der Freikarte. Andreas eröffnete mir, ich sei einer von fünf handverlesenen, um die Band YES verdienten Tonträgerhändler oder -verkäufer, die in den Lohn eines Backstage-Treffens mit YES kommen sollten. Darüber war ich gerührt, froh und dankbar.

Es war mein Glück, dass ich stets lieber etwas zu früh als zu spät zu einem Termin komme, denn später, nachdem ich längst durch den Einlass und die geradezu albern pedantischen Leibesvisitationen geraten war, organisierte sich vor dem Eingang, der nur aus einer einzigen, winzigen, geöffneten Flügeltür bestand, das selbstgemachte Chaos. Die Fans stauten sich draussen, das Konzert begann, und mindestens ein Drittel der Leute stand noch an den Kontrollen und äußerte seinen Unmut. Ein guter Freund von mir, der das Konzert mit seinem Sohn besuchen wollte, zog resigniert wieder ab. Er hatte sich Karten an der Abendkasse hinterlegen lassen, zur deren Abholung er ein weiteres Anstellen in Kauf hätte nehmen müssen, wenn er dann endlich drinnen gewesen wäre. Ich war es, und stand erwartungsvoll im Vestibül, wo ich des Edel-Vertreters harrte, der da kommen sollte (Treffen in der Mitte des Vorraums, hatte er gesagt). Er kam dann irgendwann auch an, recht spät und völlig gestresst. Zusammen sammelten wir die anderen ein, standen dann noch im Kreis herum und lauschten den Anweisungen und Verhaltensregeln von Andreas, die er uns zur Einführung auf das Treffen gab. Einem recht schlitzohrigen, „normalen“ Vertreter der YES-Fangemeinde, der da bei uns in der Nähe herumstand, war aufgefallen, dass wir uns recht „verdächtig“ benahmen, und er hatte Witterung aufgenommen. Er stellte sich dazu, hörte sich alles an und schloß sich uns, ohne ein sogenanntes weiteres, einfach an, als wir den Raum von hinten links nach vorne rechts, in Richtung auf die Bühne, entschlossen und eilig durchquerten, denn eigentlich sollte das Konzert gleich beginnen. An der der rechten Seite der Bühne zeigte Andreas den Typen hinter dem Hamburger Gitter seine Autorisierung, - und drin waren wir im Allerheiligsten. Ein Typ nahm uns in Empfang, der persönliche Assistent von Billy Sherwood. Ich erinnerte mich mühselig, dass Sherwood dieser, - in meinen Augen, - überflüssige Neuzugang war, der im Bühnenhintergrund stand, auf einer leise zugemischten Gitarre rumklimpert und backing vocals singt. Ich hatte ihn bereits 1997 in Dresden, Kulturpalast, erlebt. Billy Sherwood nahm uns in einem großen Nebenraum der Bühne freundlich in Empfang, wo bereits eine riesige Tafel mit after-performance Speisen und Getränken bedeckt, der YES-Truppe harrte. Dann führte er uns aufwärts in den dressing- und tuning Bereich, klopfte an einem Zimmer, an dessen Tür ein Zettel mit der Aufschrift „Jon“ befestigt war. Ich konnte es kaum glauben: Genau wie in dem „Evening with Yes-Music plus“ - Video stand ein Art Indianer-Tipi in der Mitte des Raumes, aus dem nun Jon Anderson und der Wakeman-Ersatz Igor Koroshev gekrochen kamen. „Hi“ - sagte Jon, und er war genau so, wie man ihn aus den Videos und Filmen kennt oder zu kennen glaubt. „Thank You for all that good music“ - sagte ich. Damals fragte ich mich verzweifelt, für was man denn nur - inmitten einer sowieso schon kleinen und beengten Bühnengaderobe -, ein Indianzelt benötigte; erst viel später erfuhr ich, dass es Jon es zu Meditieren, aber auch zum Malen dient.

Der Typ, der sich uns aufgedrängt hat, bat mich, ein Foto von Ihm und Jon zu machen, - er war der einzige von uns, der an einen Fotoapparat gedacht hatte. Ich denke, dass er, aufgrund seines Dialektes, aus dem Voigtland stammte. Mir zitterten die Finger, mit der Kamera kam ich nur schlecht klar, also wurde das Foto wohl nichts. Das würde auch erklären, warum der Typ, der dann, im Anschluß, mich und Jon fotografierte, mir das Bild niemals, wie versprochen, per Post zukommen ließ. "What about Olias, Part Two"? - fragte einer der Meets and Greets. "Next year", erwiderte Jon. Geistegegenwärtig bat ich Jon, meine Eintrittskarte zu signieren; und hielt dann Igor den Stift hin. Aus seiner Cabine mit der Aufschrift: „Chris Squire, dressing room“ trat der großfüßige Bassist mit duftenden, frisch gewaschenen Haaren. Auch dieses Klischée erhielt also seine Bestätigung. Ich hielt ihm meinen Stift zum Signieren hin, und erweiterte meinen Standard-Spruch um: „Thank You for all that good music throughout the years“. Ich spreche normalerweise ein gutes, flüssiges, distinguiertes English, aber in mir hatte sich eine lampenfieberartige innere Blockade hochgeschauckelt. Squire nickte dankend, grinste breit. „Thank You for all that good music“, meinte ich zu Allan, als ich ihm den Stift zum signieren meiner Karte hin hielt. „Yeah, I´m happy, that you guys enjoy our songs so much“ - meinte Allan – und legte seinen Arm um meine Schulter, während der zusätzliche „Meet & Greet“ - Typ diese Szene auf Celluloid bannte (auch dieses Bild habe ich nie gesehen). „Steve won`t come“ meinte Billy Sherwood zu uns. He`s still buisy tuning, and he doesn`t like shaking hands after all“. Nun; er hätte ja einfach nur dabei sein müssen, - dachte ich bei mir, - und war sehr enttäuscht. Da wären tausend Dinge gewesen, die ich diese Typen fragen wollte, aber in diesen Momenten war alles wie weg. Man kann Jon auch nicht einfach fragen, warum er nicht mal „Machine Messiah“ einstudiert. Mein Respekt war zu groß für jegliche Art solchen Insistierens. Ehe ich zur Besinnung kam, war alles vorbei. Ein Roadie führte uns wieder an den Bühnenaushang, wo ich dann wenigstens gleich vorn der ersten Reihe stand, wenn auch sehr weit seitlich, schräg vor Chris. Zu meiner positiven Überraschung spielte die Band dann immerhin „Final Eyes“. Ich mag es nicht, wenn ich immer wieder „Roundabout“, „Starship Trouper“ oder „Yours Is No Disgrace“ hören müß – und andere wunderbare Songs dafür nie live hören werde.

Im November 2001 kamen YES schon wieder nach Leipzig, diesmal mit einem Symphonischen Orchester, aber ohne Igor, dafür aber in das Gewandhaus. Über diese Spielstätte war ich begeistert. Endlich der richtige Ort mit der richtigen Atmosphäre. Dafür krochen sogar die 40-60jährigen Fans aus ihren Löchern (ich war, - gerade noch -, erst 39!) und gerieten in Begeisterung, Ekstase und stehende Ovationen. Die ehrwürdigen, Emporen des Gewandhauses wackelten und zitterten unter den Speckbäuchen der alten, vor und auf ihren Sitzen tanzenden, oft glatzköpfigen Fan-Veteranen, dass einem Angst und Bange wurde. Ganz klar, denn noch nie hatte der gröte Teil dieser Zonis die Band YES erleben dürfen; und viele sind nach der sogenannten Wende einfach nicht zu den entlegenen westdeutschen Spielstätten der Tourneen angereist. Immer noch wurde der Osten (zumindest im ersten Jahrzehnt nach 1990) von einem Großteil der Konzertveranstalter ignoriert, von Ausnahmen wie die Ray-Wilson-Genesis, oder Jimmy Page & Robert Plant (in Erfurt), King Crimson (in Chemnitz) einmal abgesehen. Auch dieses Konzert fing etwas später an und hätte um ein Haar überhaupt nicht stattgefunden, weil YES oder deren Tontechniker mit den (an der Decke befestigten, fest installierten und positionierten heruntergelassenen ) Mikrofonen unzufrieden waren und eine Umhängung derselben forderten, was technisch völlig unmöglich ist. Jon war sehr heiser, versang sich ab und zu; und die Musik war ohrenbetäubend laut, sodass ich mich fragte, warum, - um alles in der Welt,- man ein Orchester mitschleppt, wenn man es dann derartig zu- und über-spielt. Der Höhepunkt des Abends war ein begeisterndes, seltenes "The Gates of Delirium". Nun ja, ich hatte mindestens noch drei Tage eine rauschende und zischende Verdopplung meines üblichen Tinnitus (nunmehr in beiden Ohren) zu erleiden.

Wieder war ich zu einem backstage meeting mit YES eingeladen, von welchem ich dann hören mußte, dass es bedeutend länger und interessanter war als das letzte. Auch Steve Howe war diesmal dabei. Verdorben hat mir das Treffen mit YES eine Frau, der ich sieben Jahre erfolglos hinterher gerannt war - durch ihr bloßes Erscheinen. Aber das wäre dann eine andere Geschichte …

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JJG
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Re: Ganz nah an Yes

Beitrag von JJG »

Tolle Story, vielen Dank für Deine Eindrücke Mr. Teamaster.
All diese Konzerte habe ich auch besucht, von einem meet & greet
habe ich niemals gehört.
Und... manchmal ist die Schwelle vom Fan zum Stalker nicht groß.
Ich kann auch die Musiker verstehen, wenn sie nicht jeden Abend
von Fans umzingelt sein wollen.
"We are truth made in heaven, we are glorious" (Anderson/Stolt 2016)

Saaldorf

Der Teemeister
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Re: Ganz nah an Yes

Beitrag von Der Teemeister »

many thanks!

JJG:
All diese Konzerte habe ich auch besucht,
etwa auch in Leipzig??!!

na ja, es war ein, nein, zwei, Meet & Greet(s) nicht für Fans, sondern nur für "verdiente" Tonträgerhändler ...
das wird nicht bis zu den Fanclubs gekommen sein ...
Ich kann auch die Musiker verstehen, wenn sie nicht jeden Abend
von Fans umzingelt sein wollen.
nun, wir waren sechs, - und die auch! :mrgreen:
außerdem gab es ja die Einführung mit den "Verhaltensregeln" :lol:
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Topographic
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Re: Ganz nah an Yes

Beitrag von Topographic »

@ Teemeister: Schöne Geschichte, danke schön fürs (Mit)teilen :P .
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SOON
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Re: Ganz nah an Yes

Beitrag von SOON »

Ganz starke Einblicke in die YESWorld @ Teemeister! [smilie=thumbsup.gif]
MAKE PROG NOT WAR ! ---> ---> My 2024 Album Faves
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Aprilfrost
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Re: Ganz nah an Yes

Beitrag von Aprilfrost »

Thank you for all the good music ... also lieber auf deutsch: danke für diesen unterhaltsamen Bericht eines Tonträgerunterdasvolkbringers.

Der Teemeister
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Re: Ganz nah an Yes

Beitrag von Der Teemeister »

also lieber auf deutsch: danke für diesen unterhaltsamen Bericht eines Tonträgerunterdasvolkbringers.
seit 10 Jahren zum Glück nicht mehr. Das ist nicht mehr meine Zeit und Welt,
dieser DSDS, Volksmusik- und Techno-Schwachsinn.
Schön, dass es Euch gefallen hat. Machte Spaß, es zu schreiben.

Fragile
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Re: Ganz nah an Yes

Beitrag von Fragile »

Danke für das Niederschreiben eurer Erlebnisse mit den Yessern. Immer wieder eine Riesenbereicherung für dieses Forum! [smilie=sign1_respekt.gif]
He's seen too much of life,
and there's no going back...

Der Teemeister
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Re: Ganz nah an Yes

Beitrag von Der Teemeister »

Im Nachinein fällt mir noch ein, dass zumindest einer der anderen "Meets"
Jon mit dem blöden, - aber natürlich verständlichen, der Aufregung
geschuldeten, - Spruch kam: "I`m your biggest fan!". Jon verzog das
Gesicht und meinte (sehr reserviert): "Really? How big? Last week we played
in Newcastle; and there was somebody even bigger than you" (er erhob
seine Hand und zeigte roundabout 2Meterzwo an). Also Vorsicht mit solchen
Sprüchen! Da kann plötzliche Kühle und Entfremdung aufkommen, die
Euch emotional "dicht an den Rand" bringt ... :mrgreen:
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