[REVIEW] The YES Album (1971)

veröffentlicht: 19.03.1971

Jon Anderson ; Chris Squire ; Bill Bruford ; Tony Kaye ; Steve Howe
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JJG
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[REVIEW] The YES Album (1971)

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40 Jahre - The Yes Album

Es war endlich soweit, am 19. März 1971 erschien das 3. Album von Yes. Es war das Album,welches sich schon wesentlich
von den beiden Vorgängern unterschied. Es musste auch ein erfolgreiches Album werden, sonst würde die Plattenfirma den
Vertrag mit Yes kündigen.

Es leitete eine neue Ära in der Bandgeschichte ein. Das Personenkarussell drehte sich erstmaligund die Songs wurden länger.
Bereits 11 Monate vorher am 18.April wurde Peter Banks von Anderson und Squire gefeuert. Bis heute hat der Gitarrist diese
Situation nicht überwunden und es ranken sich mehrere Gerüchte um die Gründe für das Ende der Ära Banks.

Die beiden Bandgründer waren mit der Arbeit des Gitarristen Peter Banks nicht mehr so recht zufrieden. Besonders Anderson
hatte andere Vorstellungen über die Guitar-Parts im Bandgefüge. Peter Banks ärgerte sich seinerseits über die Produktion der
LP „Time And A Word“, weil seine Ideen nicht verwirklicht wurden und etliche Gitarrenspuren im Endresultat völlig verschwanden.
Für ihn und Bill Bruford war das eine komische Situation, weil sich damals beide ein Appartement teilten.

Ein Nachfolger musste gefunden werden. Deshalb begaben sich Bill Bruford und Chris Squire zu Robert Fripp um ihm den Posten
des Gitarristen und die Führung der Band anzubieten! Fripp meinte nur, dass sie ihn als „leader“ nicht akzeptieren würden.

Anderson und Squire hatten aber auch schon länger ein Auge auf Steve Howe geworfen. Obwohl er auch Angebote von Keith
Emerson für „The Nice“ und von Ian Anderson für „Jethro Tull“ hatte, entschied er sich für Yes. Seine Zukunft sah dieser filigrane
Gitarrist aber eher bei einer Band in der er sich am ehesten verwirklichen konnte. Zur damaligen Zeit war Steve Howe sicherlich
auch die bessere Wahl für die Zukunftspläne der Gruppe Yes.

„The Yes-Album“ wurde bereits zwischen dem 11. Und 30. Oktober 1970 eingespielt und erschien dann aber erst ein paar Monate später,
übrigens am selben Tag wie Jethru Tull’s „Aqualung“.

Die Band mietete einen Bauernhof in Devon und begann unter dem Arbeitstitel „Stunt of the Month“ an einem neuen Album.
Trotz vieler Bekundungen fand Steve Howe schnell heraus, dass seine neue Band eigentlich pleite war und alles schlecht lief.
Eine finanzielle Sicherheit fand er hier nicht, dafür war er musikalisch da wo er hin wollte. Dabei hielten sie anfangs Steve
für einen Hippie und er sie auch. Er erkannte aber schnell, dass Yes technologisch auf dem neuesten Stand waren und
sie von ihm einen entsprechenden Klang seiner Gitarrenkunst verlangten.

In dieser Zeit wurde die Rockmusik revolutioniert.

Hier mal eine Zeittafel von bekannten Artrock-Alben die zwischen „Time and a Word“ und „Fragile“ veröffentlicht wurden.

24.07.1970 Yes - Time And A Word
10.10.1970 Pink Floyd - Atom Heart Mother
23.10.1970 Genesis - Trespass
27.11.1970 Gentle Giant - (Debüt)
11.12.1970 King Crimson - Lizard
19.03.1971 Yes - The Yes Album
19.03.1971 Jethro Tull - Aqualung
14.06.1971 Emerson, Lake & Palmer - Tarkus
16.07.1971 Gentle Giant - Acquiring the Taste
30.10.1971 Pink Floyd - Meddle
01.11.1971 Yes - Fragile

Bis zur Veröffentlichung des neuen Albums musste Steve Howe immer zu diversen Videos zu Banks Gitarrenparts mimen. Was
für den versierten Gitarristen recht unbefriedigend war. Deshalb suchte er schon sehr früh nach eigenen Songs und „duellierte“
sich in den Konzerten gern mit Chris Squire mit einem zweiten Bass.

Schon beim Opener vom „Yes-Album“ zeigten sich die Qualitäten des neuen Mannes an der Gitarre. Man räumte ihm auch mehr
Platz und musikalische Freiheiten als Peter Banks ein. Letzterer ist auch auf keinem Yes-Song als Komponist zu finden.

Yours Is No Disgrace war ein typischer „Anti – War -Song“ für die damalige Zeit. Wobei Anderson Wert darauf legte, dass die Soldaten selbst
nicht die „Schande“ haben. Vielmehr ging es ihm um die ganze Situation und die Verblendungen. Dieser Song ist auch die einzige
Gesamtgruppenkomposition auf dem Album und für Yes bis dato. Für Bill Bruford war er „ No Opprtunity ...“ Part 2. Tatsächlich ist
er ein „kräftiger“ Song mit einem typischen Squire-Basslauf.

Die einfachen Grundakkorde EEAE, AADA, AADA... auf der Gitarre münden in die vielen kleinen „Solos“ von Steve. Der Aufbau gliedert
sich quasi in 5 Teile (3 Instrumental - und 2 Gesangsteile). Besonders interessant ist für die Zuhörerschaft das instrumentale Inter-
mezzo mit den Gitarrenläufen. Es gibt kaum ein paar Liveversionen, die da identisch sind. Bis heute ist dieser Song Bestandteil des
Liverepertoires von Yes. Laut den leider unvollständigen Quellen wurde das Stück erstmalig am 31.Oktober 1970 als Konzertbestandteil erwähnt.

Dem Opener schließt sich das Solo-Stück „Clap“ an. Steve hat es zu Ehren seines ersten Sohnes Dylan kurz vor dessen Geburt
geschrieben. Es ist wohl, neben „Mood For A Day“ (dass er für seine Frau schrieb), eines seiner bekanntesten und beliebtesten Stücke.
Auf der LP wurde die Liveversion vom Londoner Konzert im „Lyceum“ in einer Aufnahme vom 17. Juli 1970 veröffentlicht.Auf der neueren
„Expanded - CD – Version“ ist als Bonus-Track auch die Studiofassung zu hören. Auf der LP findet man die Verzeichnung des Stückes
als „The Clap“, worüber sich Steve immer ärgerte.

Weiter ging es mit dem dreiteiligen Stück Starship Trooper, welches 2 Vokalteile (Live Seeker & Disillusion) und einen instrumentalen Part (Würm) enthält.
Es bildet(e) neben „Roundabout“ über die Jahre oftmals den Abschluss oder die Zugabe in den Konzerten. Interessant ist hierbei, dass das
frühere Stück „For Everyone“ für den Mittelteil eingebaut bzw. verändert wurde. Tony Kaye ist mit diesem Stück nicht so sehr zufrieden,
weil er im Schlussteil angeblich nur drei Akkorde spielt. Dennoch hat gerade der Schlussteil dem Titel gemäß etwas Futuristisches. Ob Steve Howe,
der als Komponist für den Schlussteil „Würm“ verzeichnet ist, die gleichnamige kleine Eiszeit meint, ist bis heute ungeklärt. Für Anderson besteht
folgender Hintergrund Zitat: „Beam me up Scotty“ mit einer Anspielung auf die erfolgreiche Serie „Star - Track“.

Es schließt sich I’ve Seen All Good People als sogenannter Doppeltitel an. Im wunderschönen „Your Move“ beginnt ein Satzgesang
den Steve mit seiner portugiesischen Gitarre veredelt. Auch hier ist ein Fehler auf dem Cover der LP zu finden. Steves Vorliebe für außergewöhnliche
Gitarren ist bekannt, leider bezeichnete er das gute Stück selbst fälschlich als Vachalia. Selbst bei Wikipedia ist sie dort heute noch so verzeichnet.
Das Stück ist bereits erstmalig am 9. August 1970 als Livestück in den Verzeichnissen der Band zu finden.

Nach dem wundervollen Beginn der Anderson-Komposition setzen nach und nach die restlichen Instrumente ein. Sogar eine Flöte
untermalt die romantische Stimmung bis Tony mit mächtigen Orgelklängen einsetzt und diese Töne den ersten Teil beenden.
Dann bringt die rockige Squire -Komposition „All Good People“ den Schlusspunkt unter eines der beliebtesten Yes – Live - Stücke.
„Your Move“ wurde die erste erfolgreiche Single und erreichte Platz 40 der US Hot 100.

Mit dem recht unbekannten Titel A Venture wird man in die Zeit der beiden ersten Scheiben zurückversetzt. Der Song erscheint
unspektakulär gegen den Rest der Albumkompositionen. Ein Pianomotiv wird langsam eingeblendet und von einem Bass-Lauf untermalt.
Nachdem die Strophen abgehandelt wurden endet der Titel wieder mit einem Piano-Epilog. Ursprünglich entstand der Song aus dem
bereits angesprochenem Bass-Duell „Adventures“ wurde aber fast völlig umgeschrieben.

Anschließend ertönen wieder harte Akkorde, die den Schlusstitel Perpetual Change einläuten. Bei diesem Titel werden wieder alle
Register gezogen. Besonders hervorhebenswert ist hier die Arbeit von Bill Bruford am Schlagzeug. Ähnlich wie beim Opener wird hier
fast das ganze Register seiner Fähigkeiten gezogen, deshalb verwundert es auch nicht, dass er in den Konzerten gerade in diesem
Stück sein Drum-Solo spielte. Die Gitarren und Bassläufe erzeugen wunderbare „Counterpoints“ , weshalb die Musik dem Titel gemäß
einer ständigen Veränderung unterworfen wird. Das wird dann auch das Motto für die nächsten Veröffentlichungen der Band sein.

Einen Quantensprung erreichte Yes auch mit dem neuen Produzenten Eddie Offord, dessen erstes Meisterwerk „The Yes Album“ ist.
Offord zeichnet sich in den Folgejahren für viele weitere Alben von Yes und andere Künstler wie ELP aus.

Einen weiteren Cut gab es auch mit der Neuverpflichtung von Brian Lane als neuen Manager.

In den frühen Jahren tourte Yes unendlich in allen möglichen Clubs und mit verschiedenen bekannten und unbekannteren Bands.
Am 9. Dezember 1970 spielte man z.B. gemeinsam mit „The Strawbs“ in der ein gewisser Rick Wakeman an den Tasten saß und
sich am selben Abend mit Chris Squire bekannt machte …

Einen Monat später stand man bereits mit der damals bekannten Combo Iron Butterfly auf der Bühne und übernahm deren PA.
Nach erfolgreicher Promotion und Touren für das Album, die die Band u.a. nach Amerika führte, gab Tony Kaye am 23. August
1971 sein letztes Konzert mit diesem Lineup der Band.

Bis heute gibt es kaum ein vergleichbares Album in der Geschichte der Band. Außer „A Venture“ sind waren alle Stücke Bestandteil
für das Liverepertoire vieler späterer Touren.

Abschließend bleibt noch zu sagen, dass es ein auch kommerziell erfolgreiches Album geworden ist. Einer Anekdote von Chris Squire
zufolge hat der damalige Manager in einigen Plattenläden selbst ein paar Exemplare aufgekauft um die Verkaufszahlen anzukurbeln.

Aufgrund einer technischen Panne in einer Woche wurden nicht alle Läden bei der Auszählung berücksichtigt. So kam das „Yes-Album“
laut Chris in die Top - Ten. Die ganze Wahrheit wird man wohl nicht erfahren. 50 Wochen war das Album in den Verkaufs-Charts
gelistet und erreichte am 10. März 1972 der Gold-Status und später auch Platin. Die höchsten Platzierungen konnte das Album
in GB (# 7) und NL (#15) erreichen.

Das einzige größere Manko an dieser Platte ist das Plattencover. Deshalb hat sich wohl mancher Fan sein eigenes „Roger-Dean-Cover“
dazu gemacht. Das haben auch die Mitglieder erkannt und es kam beim nächten Album-Cover zu einer großen Veränderung.

Dennoch wirft das Cover einige Fragen auf. Wem wird der leere Stuhl angeboten? Oder ist es schon ein versteckter Hinweis,
dass die Stühle bei Yes neu besetzt werden?

Zum Diskussions-Thread
"We are truth made in heaven, we are glorious" (Anderson/Stolt 2016)

Saaldorf
Gesperrt

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