[REVIEW] YES - Fragile (1972)

veröffentlicht: 26.11.1971

Jon Anderson ; Chris Squire ; Bill Bruford ; Steve Howe ; Rick Wakeman
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JJG
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[REVIEW] YES - Fragile (1972)

Beitrag von JJG »

Fragile

So wie der Titel der neuen Platte, so wurde auch das Lineup der Band - zerbrechlich. Mit dem Vorgänger „The Yes Album“ hatte man endlich den Durchbruch geschafft.

Während der anschließenden Amerika-Tournee zeigten sich aber die anstehenden Probleme. Anderson wollte den Sound noch erweitern und neue Elemente wie moderne Keyboards integrieren. Kaye war damit nicht so recht zufrieden. Er fand den Klang dieser neuen Tasteninstrumente scheußlich und sah sich selbst immer eher als Organist. In einem Konzert schmiss er einfach eines dieser Keyboards angewidert um. Somit war das Maß für Squire und Anderson voll. Hinzu kam der Umstand, das es auch Probleme zwischen dem Gitarristen und dem Keyboarder gab. Beide teilten sich auf den Tourneen ein Zimmer. Während „Familienmensch“ Howe brav allein in sein Bett fand, brachte Kaye die ein oder andere Bekanntschaft mit auf das Hotelzimmer. So kam natürlich bei Howe Freude auf ...
also ging Kaye ... Bill Bruford meinte später, dass es in der Band wenig Loyalität gab. Er kommentierte es später ironisch so : „Wenn Mitch Mitchell (Schlagzeuger von Jimi Hendrix) verfügbar gewesen wäre, hätte ich gehen müssen“.

So wurde Rick Wakeman neuer Tastenmann in der Band. In der Tat war er für die Musik eine echte Bereicherung. Ins besonders stachelten seine Leistungen auch Steve Howe an. Für viele Yesfans war nun Yes in einer Idealbesetzung. So schuf die Band neben den vier Hauptwerken noch fünf individuelle Stücke was dem Hörer natürlich eine abwechslungsreiche Platte bot.

Der Song „Roundabout“ entstand während einer Fahrt durch Schottland. Das Naturschauspiel von tief stehenden Wolken und sich daraus türmenden Bergen in der Umgebung vom berühmten „Loch Ness“ stand Pate für den Text. Die Grundakkorde Em/ F#m/ G wurden durch einschönes Intro durch Steve eingeleitet. Dieser Song sollte zu einem der erfolgreichsten der Bandgeschichte werden. Er war auch der Grund warum es die Platte bis unter die Top - Ten in Amerika schaffte.

In Rick Wakemans „Solo“ zeigten sich auch wieder einmal die rechtlichen Probleme, mit der die Band fast während der gesamten Bandgeschichte zu kämpfen hatte. Rick hatte einen Vertrag nachdem alle seine Kompositionen nur bei „seiner“ Plattenfirma (A & M) veröffentlicht werden durften. Also konnte er seine ursprüngliche Komposition „Handle With Care“ nicht auf „Fragile“ unterbringen. Stattdessen musste er auf ein Neuarrangement einer Adaption von Brahms’ zurückgreifen. Der Titel ist auch recht unspektakulär - „Cans and Brahms“. Wobei die Bezeichnung „Cans“ wohl von der Bezeichnung der verwendeten Studiokopfhörer stammt. Den Hauptteil seiner eigenen Komposition hat er für „Catherine of Aragon“ verwendet.

Jons Komposition „We have Heaven“ ist ein Stück in dem er seine Stimme mehrfach überlagert. Er beweist auch mal Humor in dem er am Ende des Stücks davonläuft. Am Schluss der Platte wird die Tür wieder geöffnet und der Song wird quasi beendet.

Es schließt sich „South Side of the Sky“ an. Es ist das Stück in dessen Text Jon über den Tod sinniert. Er schrieb ihn nachdem er einen Artikel gelesen hatte, in dem der Schlaf als kleine Schwester des Todes bezeichnet wurde. Deshalb erscheint der Song am Anfang auch recht düster. Der kraftvolle Beginn wird durch ein Zwischenspiel von Rick unterbrochen, das in einen optimistischen Vocalpart mündet. Zum Schluss erscheint wieder das Ausgangsthema.
Der Song wurde in den frühen Jahren nicht so oft in den Konzerten verwendet.

Als die Hörer die zweite Plattenseite auflegten, waren sie wiederum mit für Yesverhältnisse neuartigen Klängen konfrontiert. Bill hatte ein sechzehntaktiges Stück mit dem Titel „Suddenly It’s Wednesday“ komponiert. Mit dem er wohl sagen wollte, dass er auch bei King Crimson seinen Platz hätte. Bill ist nicht nur für seine Vorliebe für ausgefallene Taktarten, sondern auch für akribische Buchhaltung . Bis heute kann er nachweisen, wie die finanzielle Seite der Konzerte aussah. Er fand, dass das Management einen zu hohen Anteil vom Kuchen bekam und änderte den Titel seiner Solokomposition in „Five Percent for Nothing“.

Es folgte die Komposition „Long Distance Runaround“ . Ein sehr harmonisches Stück, das zum Hit für viele weibliche Yesfans wurde. Dennoch ist der Text eine Auseinandersetzung von Jon mit der Tatsache, wohin menschliche Religionen führen können. Ein paar Jahre später mutierte der Song in den Konzerten zu einer Version mit 3 „Ohne – Strom - Gitarren“.

Auf Fragile geht das Stück in „The Fish“ über. Hier darf nun auch Chris sein „Solostück“ zelebrieren. Er legte mehrere Bassspuren übereinander. In früheren Konzerten hatten sich Steve und er mit 2 Bässen duelliert. Die daraus entstandene „Bass-Odyssee“ mutierte dann zu dieser Komposition. Dieses Stück brachte ihm in den folgenden Jahren vor allem als Liveversion Anerkennung in der Fachpresse und bei anderen Bassisten ein.

Als nächstes Stück ist dann Steves „Mood for a Day“ zu hören. Ein wunderschönes Stück, das an die klassische andalusische Musik erinnert. Er schrieb es für seine Frau Janet und setzte damit seine Tradition fort, viele Mitglieder der Howe – Familie zu ehren.

Als fulminanter Abschluss der Platte ist dann „Heart of the Sunrise“ zu hören. Für alle Mitglieder der Band eine der schönsten Kompositionen der gesamten Bandgeschichte.
Eine kraftvolles Stück mit genialem Basslauf und Duellen zwischen Rick und Steve.
Bill Bruford liefert hier wohl eine seiner besten Leistungen während seiner Zeit bei Yes ab.

Die Band hat sich maßgeblich durch „Fragile“ in die Herzen vieler Fans gespielt und leitete den kreativen Höhepunkt in ihrer Geschichte ein. Zusätzlich kam ein neues „Mitglied“ in die Band. Zum ersten mal wurde das Cover durch Roger Dean gemalt und sollte ein weiteres Markenzeichen für die Band werden.
"We are truth made in heaven, we are glorious" (Anderson/Stolt 2016)

Saaldorf
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