Auch wenn schon sein nächstes Album für den September 2024 angekündigt ist, möchte ich sein 2023er Album rezensieren.
Nun ist sie endlich angekommen, Steves zweite „Motif“ Scheibe. Ich hatte sie schon letztes Jahr für einen guten Preis geordert, verschickt wurde sie erst jetzt. Warum? Kurz nach Erscheinen ging der Preis für die LP hoch, der Händler hat wohl gehofft, dass ich meine Bestellung storniere und mit dem neuen Preis neu ordere…
Inzwischen hat sich der Preis auf das Ursprungsangebot gesenkt, also ist die Scheibe auch bei mir gelandet.
Steves Soloscheiben haben ja kein ganz großes Publikum. Ein großer Teil sind Yes-Fans, „Komplettisten“, aber auch Fans seiner Gitarrenkunst finden Freude an seinen Werken. Dazu zähle auch ich, obwohl ich natürlich nicht immer dazu in Stimmung bin. Mir gefallen seine Stücke und sie sind auch Lehrstücke für mich.
Steve bringt ganz unterschiedliche Dinge in sein Spiel. Dabei ist er inspiriert von den Helden seiner Jungend, bis hin zu klassischen Werken von italienischen, spanischen und britischen Meistern und aktuellen Künstlern.
Ich hab seine Solo-Werke nicht alle gezählt, ein Journalist schrieb es wäre sein 17. Album, ich komme auf 25+…
Neben seinen „regulären“ Soloalben erscheint ja die „Homebrew“-Reihe. Seine intimste Serie ist aber „Motif“. Hier gibt es die Stücke, die aus seinem familiären Umfeld inspiriert sind. Deshalb bringt er hier auch die Songs ein, die seinen Familienmitgliedern gewidmet sind, die Geschichten seiner musikalischen Reisen oder ganz tief in seine Seele blicken lassen. Das tut er natürlich nicht mit Worten, sondern Tönen.
Auf „Motif 2“ finden sich auch vier ganz neue Stücke, von denen drei seinen Enkelkindern gewidmet sind.
Seine bekanntesten Stücke sind ja auch Familienmitgliedern gewidmet.
„Clap“ – Gemeinsamer Sohn Dylan Howe mit erster Ehefrau Pat (Stebbings) (Erstveröffentlichung: The Yes-Album 1971)
„Mood for a Day“ – Ehefrau Janet (Osborne) (Fragile 1971)
Weitere Familien-Songs:
“Second Initial” – Virgil Howe (Live Video Solo-Auftritt Montreux-Festival 1979)
“Georgia’s Theme” – Georgia Howe (The Grand Scheme of Things 1993)
“Hint Hint” – Stephanie Howe (Turbulence 1991)
Auf Motif 2 für die Enkelkinder:
“Cross Country” - Diego Norton
“Pumpkin Pickin” – Cal Norton
“Honey Creek” – Zuni Howe
Also kann man erahnen was bei den Howe Familienfeiern so los ist, was gegessen wird und was man unternimmt.
Man hört auf Motif ausschließlich Gitarren-Solo-Stücke. Überwiegend natürlich auf der akustischen Gitarre. Sieben davon auf seinem Signatur-Modell der Martin MC38 SH. Die Firma Martin hat eine spezielle Version dieses Modells für Steve Howe entwickelt und in limitierter Auflage produziert. Steve hat seine Wünsche in die Produktion eingebracht. Auffälligster Unterschied ist das Cutaway.

Auf diesen sieben Stücken kann man sein typisches Spiel hören, die tiefen Saiten spielen die Bass-Begleitung, manchmal mit Daumen, oft auch mit Plektrum zwischen Daumen und Zeigefinger. Dabei spielt er mit kräftiger rechter Hand und bevorzugt eine etwas stärkere Bespannung der Saiten. Seine Picking-Technik ist sehr anspruchsvoll und legendär.
Fünf Stücke sind mit der Kohno Model 10 gespielt, also Gitarren die mit Nylon-Saiten bestückt sind. Bekanntestes Stück ist natürlich „Mood for a Day“, das er auch in einer leicht abgewandelten Form auf diesem Album präsentiert. Weiter herausragend natürlich „Oceans Cadenza“, ihr ahnt es schon der akustische Teil vom „Tales …“ Album. Natürlich herausragend gespielt, auch etwas abgewandelt.
Dann gibt es noch weitere Stücke aus seinem Fundus, vielleicht seine schönsten Werke aus diversen Alben. Ein neues Stück „Cascade“ kennt ihr vielleicht aus seinen Live-Auftritten mit Yes. Er hat diese Melodie in seinen Solo-Spots verwendet.
Wer noch kein Solo-Gitarren-Album von Steve besitzt, kann hier zugreifen. Im Gegensatz zur #1 ist das Album auch auf LP zu haben, diese wurde für die vorliegende Rezension verwendet. Somit kann ich euch also das Vinyl ans Herz legen. Es hat einen warmen Klang. Steve hat viele Stücke auch so produziert, als würde der Meister euch direkt gegenüber sitzen und seine Stücke ohne „Technik“ spielen. Man kann sich den Howe also im eigenen Zimmer für einen Solo-Auftritt vorstellen. Dazu dient wohl auch das schlicht gehaltene Cover mit einem aktuelle Foto von Steve.

Dr. Howe hält seine Familie ja sehr aus der Öffentlichkeit heraus. Auf dem Plattencover findet man aber Fotos aus seiner Hand. So kann man auch erahnen, was er mit dem Bild auf der Innentasche meint und welche Landschaften er bevorzugt. Irgendwo hatte ich gelesen, dass er nicht gern in der Karibik ist.
Seine Lieblingsgitarre, die Gibson ES-175 (elektrische Gitarre) kann man auf dem Album nicht hören. Im Interview mit Gitarre und Bass (Februar 2022) hat er zugegeben, dass er für diese Gitarre auch schon einen Extra-Sitzplatz im Flugzeug gebucht hat, oder sie sogar in sein Bett geholt hat …
Kleiner Ausblick auf „Guitarscape“, dort kann man wieder eine neue Klangfarbe von Steve erleben. Demnach hat er sich ein Keyboard gekauft und darauf neue Songs entwickelt. Man darf gespannt sein.