[REVIEW]Patrick Moraz / Bill Bruford – Flags

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[REVIEW]Patrick Moraz / Bill Bruford – Flags

Beitrag von JJG »

Patrick Moraz / Bill Bruford –Flags

Zwei ehemalige Yesmusiker, die bei ihrer Vorcombo aber nie zusammen auf einer Bühne standen oder auf einem Studioalbum (ohne Sampler) miteinander musizieren, sind der Schweizer Tastenvirtuose Patrick Moraz und der Gentlemandrummer Bill Bruford.

Beide haben sich kennen gelernt, als Sie von Ihrem ehemaligen Bandkollegen Chris Squire zu dessen Album „Fish Out Of Water“ eingeladen wurden. Man kann sie auf dem Video zu dem Song „Hold Out Your Hand“ sehen. Offensichtlich hat Ihnen diese Zusammenarbeit viel Spaß gemacht, so dass sie sich zwischen Februar 1984 und Dezember 1985 für zwei Duo-Platten zusammengetan haben. Was sie verbunden hat, ist wohl ihr Interesse an neuen Sounds und musikalischen Möglichkeiten. In den 80zigern war das nicht gerade „In“. Die Yeskollegen waren zu dieser Zeit damit beschäftigt die Gagen mit vollen Händen auszugeben und auf der Woge des Erfolgs ihres Albums 90125 zu schwimmen.

Währenddessen gingen Patrick und Bill ihrer wahren Bestimmung nach ... der Musik !

1985 entstand nach dem ersten Album „Music For Piano And Drums“ das zweite Album „Flags“. Es verbindet Elemente aus dem Jazz, der Klassik und dem Artrock der Siebziger.

- Temples Of Joy (Moraz) 4:53
- Split Seconds (Moraz/Bruford) 4:39
- Karu (Moraz) 3:45
- Impromptu, Too ! (Moraz) 3:33
- Flags (Moraz) 4:30
- Machines Programmed By Genes (Moraz/Bruford) 5:14
- The Drum Also Waltzes (Roach) 2:52
- Infra Dig (Moraz/Bruford) 3:13
- A Way With Words (Moraz/Bruford) 1:36
- Everything You’ve Heard Is True (Moraz/Bruford) 6:04

Die Moraz -Komposition „Temples Of Joy“ leitet diese außergewöhnliche Platte ein. Jubilierende Keyboards konkurrieren mit progressiven Drumsounds. Der Songtitel ist Programm. Man kann den beiden Ausnahmemusikern den Spaß am musizieren nachempfinden. Moraz’ Stärke war immer auch ein Meister jenseits der klassischen Skalen zu sein. Seine Komposition wäre auch ein gutes Grundgerüst für einen Longtrack im Yesgewand gewesen und hätte sich auch gut auf „Relayer“ gemacht.

Das nachfolgende „Split Seconds“ würde wiederum auch auf ein ELP oder Jeith Jarrett Trio Album passen. Der hämmernde Anschlag nach der guten alten Schule eines Bela Bartok mündet in leicht gespielte Pianomelodien um dann wieder zur Einleitung zurückzufinden . Moraz verwendet auch einen Steinwayflügel, deshalb erinnert der Pianosound auch an Keith Emerson oder Keith Jarrett. Bruford gibt durch sein jazzig – percussiven Stil dem Stück noch die entsprechende Würze.

In „Karu“ darf Patrick dann alleine spielen. Sanfte schwebende Keyboards stimmen den Zuhörer wieder versöhnlicher. Man darf dieser Welt entschwinden. Elektronische Tastenklänge mit einem Touch der großen elektronischen Bands und Künstler ...
Viele Songs werden ja für Familienmitglieder komponiert. Auch dieses reiht sich hier ein.

Der Albumtitel „Impromtu, Too !“ kommt anfangs mit einem Barfeeling daher und wird durch sparsam gesetzte Bridges nie langweilig. Brasilianische Rhythmen mischen sich mit Ragtimemelodien. Beide Musiker wären also auch in der Lage, ihre Brötchen auch in diesen Gefilden zu verdienen.

Nach diesem Ausflug entführt uns Bill wieder in die Jazzsounds der guten alten „Blue Note Records “ zurück. Edle Pianoläufe und majestätische Keyboards kennzeichnen den Titeltrack der Scheibe „Flags“. Er ist auch der Höhepunkt dieses Albums.

Dem Titel entsprechend: „Machines Programmed By Genes“ erinnert dieser Song an einen futuristischen Film mit Sounds aus dem elektronischen Kit von Bill. Moraz mutiert zum Vangelis und unterstreicht wiederum seine Wandlungsfähigkeit in punkto Klangfarben.

Die nächste Song ist die einzige Fremdkomposition des Albums und stammt aus der Feder von Max Roach. Einer der Vorbilder von Bill. Der Schlagzeuger (Bruford) hielt ja nie was von der Riege der Testosteron gestählten Drummer und orientierte sich eher an diesem alten Meister. Im typischen Understatement entwickelt sich das Stück zum Orkan um wieder zum warmen Passatwind zu werden.

Hernach folgt „Infra Dig“. Mit nervigen monotonen Pianoparts die sich zu freien Läufen im Fusionstil hinwenden, wird der Zuhörer auf die Probe gestellt. Als sich das Ohr mit den Melodien versöhnt hat, klingt das Stück mit den Eingangstönen wieder aus. Bill steuert wiederum seinen relaxten Drumsound hinzu.

„The Way With Words“ ist mit einer Spielzeit von 96 Sekunden das kürzeste Stück des Albums im Freejazzstil, das sich fast nahtlos an seinen Vorgänger anschließt.

Im letzten Stück „Everything You’ve Heard“ setzen beide Musiker wieder voll auf die elektronischen Sounds. Dabei werden die Instrumente so weit verfremdet, dass man einen Frettlessbasslauf zu hören vermag.
Für Bruford ist wohl dieses Stück die Vorstufe zur ersten „Earthworksformation“, die ja elektronische Sounds mit Bläserklängen verband.


Diese Art der Zusammenarbeit nimmt Bill Bruford in der letzten Zeit wieder auf. Aktuell aber nicht mit Patrick Moraz, sondern mit Michiel Borstlap.
"We are truth made in heaven, we are glorious" (Anderson/Stolt 2016)

Saaldorf
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