ch55 hat geschrieben:Hallo Forum !
Das die Herren Squire und Howe nicht viel von Solidarität halten, haben sie mit Ihrem Verhalten Jon gegenüber während dessen Krankheit bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Nun hat es also Benoit David erwischt, der Ersatzmann wird wegen Krankheit ersetzt.
Wer weiß schon wirklich, was in dieser Zeit passiert ist... Klar ist, dass Jon auch seinen YES-Kollegen gegenüber ziemlich unfair war. Wer den Löwenanteil der Gage für sich einfordert (die anderen dürfen sich den Rest teilen) und dazu die Hälfte der Merchandise-Einnahmen, zeigt auch keine Solidarität, sondern klaren Geschäftssinn im Bewusstsein seiner exponierten Stellung bei den Fans. Dass er zuvor YES vier Jahre auf Eis legte - gegen den Willen der anderen - auch nicht so toll.
Dass es Benoit erwischt hat - das war nach der letzten Europatour doch völlig klar. Falls du ein Konzert (oder mehrere) gesehen hast - Benoit war dem Tourstress stimmlich nicht gewachsen und man kann es einer Band nicht verübeln, darauf zu reagieren. Jon Davison klingt auf den Mitschitten richtig gut.
Klar hätten wir uns alle, wie du auch, darüber gefreut, wenn nun Anderson endlich wieder das Mikro in die Hand bekommen hätte und wir Fans finden es schade, dass hier - scheinbar - eine Chance verpasst wurde. Aber warum sollten Steve, Chris & Co. wieder auf einen Teil ihrer Einnahmen verzichten (Davison ist sicher nur Honorarkraft) und auch die umfangreichen Touren Andersons stimmlicher Belastbarkeit anpassen? Da geht es wie bei Anderson um Geld - und an der mangelnden Beziehung untereinander sind wohl alle beteiligt. Dazu kommt aber, dass YES endlich wieder neues Material eingespielt haben - Anderson hatte das nach dem finanziellen Flop von Magnification immer verneint. Es geht also durchaus auch um musikalische Entwicklung.
ch55 hat geschrieben:
Aber an wen auch immer das Mikro weiter gereicht wird und selbst auf die Gefahr hin, hier eine schon vielfach geäusserte Meinung nochmals endlos wider zu käuen:
Yes OHNE Jon Anderson ist für mich mindestens genauso undenkbar wie z.B. die Rolling Stones ohne Mick Jagger. Der Sound der Band ist nach meinem empfinden untrennbar mit der einzigartigen Stimme von Jon verbunden. Ohne ihn klingt die Band bestenfalls wie eine Yes-Coverband.
Ja, der Sänger ist bei den meisten Bands das Markenzeichen für Wiedererkennbarkeit - aber nicht ausschließlich. Wenn auf FFH Chris Bass so unverkennbar Raum einnimmt, Steves Gitarren sowieso immer wieder dominieren und Alan White (zumindest auf dem Bonus-Song) so richtig zeigt, was er drauf hat - das ist YESMusik. Viele Passagen sind bei YES zudem instrumental. YES ohne Anderson als Coverband zu bezeichnen, wird der musikalischen Qualität von YES nicht gerecht. Zudem: YES haben ein neues Album produziert, das sie fast in Gänze live spielten - das waren keine Cover. Wenn YES in der Classic-Besetzung Time and a Word spielten - wie viele Originalmitglieder der 2.YES-LP standen da auf der Bühne? War das nicht eher ein Cover?
ch55 hat geschrieben:
Wie bereits ein anderes Forumsmitglied richtig schrieb, "Jetzt wird die Band unglaubwürdig".
YES hatte bisher 18 Bandmitglieder mit sehr unterschiedlichen musikalischen Einflüssen. In welcher Art und Weise sollen YES ohne Anderson nun plötzlich unglaubwürdig sein? Was willst du damit ausdrücken? Waren sie in der 90125-Besetzung nicht viel unglaubwürdiger, weil sie Klassiker wie CTTE oder Awaken erst gar nicht spielen konnten? YES spielen diese Songs nun wieder - und das klingt ziemlich gut.
ch55 hat geschrieben:
Squire und Howe sind auf dem besten Weg die Reputation der Band wegen ihres Egotrips an die Wand zu fahren. So fand ich das letzte Album nur gequält bemüht und ziemlich belanglos, wie bisher eigentlich alles was unter dem Etikett "Yes" ohne Jon Anderson veröfflicht wurde. Das neue Album wird sich hier nahtlos einreihen.
Das neue Album ist sicher besser als OYE mit Jon Anderson. Wenn du die Band live erlebt hast - Into the Storm kam großartig, Sad Nights... war Gänsehautgarant wie zu besten YES-Zeiten. Manchmal hilft es, seine Vorurteile ein wenig zurückzustellen und sich auf die Musik einzulassen.
Ich kann dich aber durchaus verstehen - beim ersten Konzert, dass ich mit Benoit erlebte, wollte ich nach drei Songs gehen. Es fiel mir nicht leicht, als ebenso-wie-du -"Alt-Fan" mich den neuen YES zu öffnen. Aber, es hat sich gelohnt.
ch55 hat geschrieben:
Ich versage den Herren nun nach mehr als 30 Jahren zukünftig meine Fangefolgschfaft.
Das klingt mir zu sehr nach Fußballverein. Es geht doch um die Musik - und die ist in den Konzerten oft noch großartig gespielt. Ich liebe YESMusik viel zu sehr, als dass ich mein Empfinden von den großen und kleinen Merkwürdigkeiten der Musiker abhängig machen würde. Gefolgschaft an die Herren - schwieriges Thema. Wenn mir die Musik nicht gefällt (Drama damals, heute mag ich's; OYE - da finde ich keinen Zugang) - dann höre ich sie nicht. Egal ob Anderson dabei ist oder nicht.
ch55 hat geschrieben:
Für mich hat die Band ihre Glaubwürdigkeit nun endgültig verloren und sollte sich Wahrheitsgenäß in z.b. Chris Squire Band oder vielleicht Squire, Howe & Guests umbenennen, was jedoch vermutlich finanziell nicht ganz so lukrativ wäre.
Da stehen vier YESMusiker auf der Bühne - warum sollen die sich nicht YES nennen?
Und mal ehrlich: Würde sich das Empfinden beim Hören und Erleben der Musik beim Konzert ändern, wenn da statt YES nun HSW auf der Bühne stünden? Das selbe Konzert?
ch55 hat geschrieben:Mir bleibt nur der kaum erfüllbare Wunsch eines(ehemaligen) Ur-Yesfans, dass Squire irgendwann mal einsieht, den völlig falschen Weg beschritten zu haben und die Band zum 45jährigen Jubiläum wieder in Bestbesetzung antritt.
Ja, den Wunsch habe ich auch - und ich würde auch über den Atlantik fliegen, um YES in der Classic-Besetzung nochmals erleben zu dürfen.
Einstweilen heißt es aber loslassen und die YESMusik so genießen, wie sie momentan präsentiert wird. Mit einem glänzend aufgelegten Chris Squire, mit einem wie entfesselt spielendem Steve Howe, mit Alan White, der alles aus sich rausholt, mit Geoff Downes, der wesentlich mehr drauf hat, als man ihm zutraut - und eben mit Jon Davison, der gut klingt und seine Chance bei den Liebhabern der YESMusik verdient hat.
BTW: Danke für deinen Diskussionsbeitrag!