Lyrics - Techniken

Eure Projekte, Musik, Kunst, etc.

Topic author
Max
Beiträge: 178
Registriert: So 20. Mai 2007, 13:00

Lyrics - Techniken

Beitrag von Max »

Hallo,

wenn man Musik macht braucht man in vielen Fällen auch Texte.

Daher stelle ich mir schon seit längerem die Frage: wie kommen die Musiker, die wir gerne hören, auf ihre Texte? Eine ganz interessante Diskussion vielleicht. :)
...aus eigenem Interesse und auch aus Interesse, wie diese genialen Texte - gerade aus dem Prog-Bereich - überhaupt entstanden.

Angestoßen wurde ich von Fragiles "Going for the One Bonus"-Thread, in dem er davon schrieb, dass Anderson und auch Phil Collins Texte gerne phonetisch improvisieren, also sich fragen, welches Wort vom Klang her am besten passt.

Hat Anderson das bei Yes häufiger gemacht, und: wie sieht es mit Jons Namensvetter Ian Anderson aus, dessen Texte zu meinen Lieblingstexten zählen?
Das führt dann wohl auch zu der Frage: was macht eurer Meinung nach überhaupt einen guten Liedtext aus? Muss er einen klar erkennbaren Sinn haben, muss er gut klingen und irgendwie zur Musik passen?

LG,
Max

Member X
Keymaster
Beiträge: 4630
Registriert: Fr 28. Aug 2009, 22:31
Been thanked: 1 time

Re: Lyrics - Techniken

Beitrag von Member X »

Das sin ja dann aml ne ganze Menge Fragen auf einmal :roll:

Ich erzähl mal etwas von meiner Art, zu Texten zu kommen.

In der Zeit mit meiner Band "Back to Heaven" schrieb ich einen Song alleine und dabei dazu auch den Text. Sinnigerweise (bezogen auf den Bandnamen) hieß der Song "Leavin' Hell". Grundsätzlich wollte ich böse-gut, hässlich-schön, unangenehm-wohlfühlen im Kontrast darstellen - natürlich mit einer Lösung. Also war das Stück ein "Dreiteiler" (allerdings haben mir meine "band mates" den dritten Teil gekappt, weil das Stückmit allen Überleitungen und Wiederholungen dann 20 Minuten lang gewesen wäre - eigentlich ja gerade richtig :mrgreen: ; jedenfalls sind die Aufzeichnungen für den dritten Teil verschollen). Der erste Teil - sozusagen die Bestandsaufnahme - beginnt mit "Neverending darkness". Der zweite Teil - das Ziel - fängt an mit "Bright light welcomes you" (im dritten Teil befasste ich mich mit dem Weg zur Lösung, innerer Zufriedenheit, dem Blick für's Schöne, der Liebe ...). Den ganzen Text müsste ich jetzt erst raussuchen (ich weiß wo er ist, d.h. in welchem Kistenstapel ;) ).

Mein Vokabular stammte aus dem Schulenglisch mit Hinzuziehung von Wörterbüchern. Ich dachte damals auch für den englischen Ausdruck in Deutsch. 1976 gab es auch noch kein Internet, wo man nativen Sprachgebrauch hätte nachschauen können. Also nannte ich es künstlerische Freiheit. Neben der Wortfindung und der Überlegung, was gebräuchliche Ausdrücke sind oder sien können, waren für mich die Silbenzahl und der -rhythmus wichtig. Später hab ich dann auch darauf geachtet, dass "freundliche" Texte viele "e" und "i" Vokale enthielten, während die dunkle Seite ("der Macht" :mrgreen: ) mit möglichst "u" und "o" auskommen musste.

Neben den Zeilen-Rhythmen und -Silbenzahlen musste der Inhalt dann natürlich auch noch in das Strophenmaß passen, wobei Prog da ja nicht so streng ist. Dennoch konnte es natürlich nicht zu halben oder anderen Teilen von Melodiethemen kommen.

Ich kann mich noch genau erinnern, dass ich Melodie und Harmonien und den Text an einem Nachmittag geschrieben habe, also in etwa 3 bis 4 Stunden (wir waren bei Verwandten zu Besuch, was mich in dem Alter absolut anödete, so dass ich die Klampfe und Englisch-Wörterbücher mitgenommen hatte). Mit dem so weit fertigen Song erarbeiteten wir dann in zwei Bandproben (je etwa 4 Stunden) das fertige Arrangement.

Und wenn ich es mal hinkriege, von einem Tonband eine Aufnahme auf den Computer zu ziehen, dann gebe ich das Stück auch zum Besten.

Inzwischen habe ich für Melodien einen Midi-Recorder, auf dem ich Ideen abspeichern und dann direkt auf irgend ein Keyboard ausgeben kann. So geht nichts mehr an guten Ideen verloren - allerdings lösche ich Sachen nach einiger Zeit, wenn ich sie dann mehrmals doch nicht mehr so toll finde. Für Text habe ich eine Bibliothek angefangen, in der ich interessante Phrasen, Ausdrucksweisen und Sätze speichere. Daraus kann dann einfacher Text oder auch ein Songtitel werden. Aktuell bastle ich an drei Stücken (da ja meine Anlage "bald" einsatzbereit sein soll und ich jetzt aktiv Mit-Musiker suche - z.B. via Musiker-in-Deiner-Stadt). Eines ist ein reiner Rocksong ohne großartig Keyboards, eher bluesig angehaucht, über das Leben auf der Straße, das ich nie führte (geht auch etwas um eine Frau). Dann Song über das Zusammenspiel der Elemente Feuer-Wasser-Erde-Luft. Und das dritte Lied betrifft eine Reise. Im Moment greife ich immer wieder in meine Ideenkiste und probiere herum, was zu immer wieder neuen Ideen führt, die aber oft nicht passen oder das Ganze über den Haufen zu werfen drohen. Die beiden letzten Songs erarbeite ich an den Tasten, was aktuell nur eingeschränkt geht. Das Rock-Stück geht mir auf der Gitarre leichter von der Hand. Allerdings ist im Moment aktuell wieder etwas Pause, weil meine Frau gerne an Weihnachten zwei Stücke von der "Familienband" vorgetragen hätte, und ich mit allen anderen dreien übe und das Ganze auch Arrangiere: "Leise rieselt der Schnee" und "Jingle Bells" für Rhythmus- und Lead-Gitarre, Bass und ??? (ich weiß noch nicht, was ich spiele - mein Akkordeon habe ich heute zu einer hohner-Werkstatt zum Preis-Schätzen gebracht und werde es hergeben, so dass das ausscheidet)

So, und nun freue ich mich über Stimmen und Meinungen und vor allem auch Input - gerne auch mit dem, was Ihr über die Arbeitsweisen der Stars wisst oder gehört habt.

BBQ.Master
Keymember
Beiträge: 1957
Registriert: So 24. Sep 2006, 13:41

Re: Lyrics - Techniken

Beitrag von BBQ.Master »

Wie sagte Peter Gabriel es so treffend:

"When you write a song, sometimes they just fall out of the air and land on your lap."

Mit Texten ist es eine spezielle Sache. Ich selbst singe bei meiner eigenen Musik nicht (mit einer Ausnahme), aber für meine aktuellen Projekte mit anderen Musikern, insbesondere Sängern, habe ich einige Texte auf Englisch geschrieben. (Eigentlich waren die Texte zuerst da und anscheinend so gut, dass sich die anderen Musiker direkt und gerne auf eine Zusammenarbeit eingelassen haben.)

Meine Texte handeln öfters von dem Thema, um das sich scheinbar alles dreht: Liebe. Allerdings sind es nicht solche Schmachtfetzen Marke Phil Collins, sondern eher Betrachtungen wie bei Neil Young oder Peter Gabriel (wobei Neil mich in Sachen Lyrics noch mehr beeindruckt als Peter).

Seltsamerweise sind meine Texte oft nach zehn Minuten fertig geschrieben und das ohne große Änderungen oder Ergänzungen - sozusagen eine Art "stream of consciousness".
"It's better to burn out than to fade away ...because rust never sleeps." - Neil Young

Bild

Topic author
Max
Beiträge: 178
Registriert: So 20. Mai 2007, 13:00

Re: Lyrics - Techniken

Beitrag von Max »

BBQ.Master hat geschrieben:Wie sagte Peter Gabriel es so treffend:

"When you write a song, sometimes they just fall out of the air and land on your lap."
Kenne ich, aber nur mit Musik. Im unerwarteten Musik kommt eine geniale Eingebung, ein spontaner Geistesblitz, und meistens kann man ihn nicht angemessen festhalten, sodass er wieder entschwindet.

Bei Texten habe ich sowas noch nicht erleben dürfen.
Meine Texte handeln öfters von dem Thema, um das sich scheinbar alles dreht: Liebe. Allerdings sind es nicht solche Schmachtfetzen Marke Phil Collins, sondern eher Betrachtungen wie bei Neil Young oder Peter Gabriel (wobei Neil mich in Sachen Lyrics noch mehr beeindruckt als Peter).
Klar, das Thema ist ungemein ergiebig. Ich denke gerade an Robert Wyatt, der auch auf "Rock Bottom" einige Liebeslieder fabriziert hat, die als solche vielleicht sogar garnicht zu erkennen sind.
Seltsamerweise sind meine Texte oft nach zehn Minuten fertig geschrieben und das ohne große Änderungen oder Ergänzungen - sozusagen eine Art "stream of consciousness".
Ein guter Tipp. Vielleicht sollte man wirklich auf einen solchen Moment warten und diesen ausarbeiten.
Benutzeravatar

SOON
Website-Betreiber
Beiträge: 11868
Registriert: So 9. Mär 2008, 16:20
Has thanked: 656 times
Been thanked: 753 times

Re: Lyrics - Techniken

Beitrag von SOON »

David Bowie hat früher Worte aus Zeitungen ausgeschnitten und diese Schnipsel solange variiert bis es einen Sinn ergab oder ihm eine Idee dabei kam.
Bob Dylan schreibt seine Lyrics an einer Schreibmaschine, wie ein Journalist.
Ich schätze, dass ca. 80% aller Liedtexte belanglos sind und nur dem transportieren von Melodien und Harmonien dienen.
MAKE PROG NOT WAR ! ---> ---> My 2023 Album Faves
Benutzeravatar

Aprilfrost
Keymaster
Beiträge: 9264
Registriert: Mo 7. Apr 2008, 16:20
Has thanked: 158 times
Been thanked: 112 times

Re: Lyrics - Techniken

Beitrag von Aprilfrost »

SOON hat geschrieben:Ich schätze, dass ca. 80% aller Liedtexte belanglos sind und nur dem transportieren von Melodien und Harmonien dienen.
Wahrscheinlich ist die Quote and belanglosen Texten noch höher....
Ich bin einer der wenigen Lyrik-Freunde der Republik, habe auch Gedichtbände einzelner Autoren (Goethe, Rilke, Ringelnatz, Morgenstern, Ausländer, Kaléko...) sowie Anthologien und andere Sammlungen. Das meiste auf deutsch, aber auch einiges Englisches (Keates, Yeats, Frost, Shakespeare...).
Bei vielen "Lyrics", also Texten zu Musik muss ich öfter mal aufstöhnen oder zumindest seufzen. Vieles hört sich wirklich an wie zwischen Frühstücksei und Brötchen hingekritzelt.
Ob "Rock"-Texte per se besser sind als "Pop"-Texte, sei dahin gestellt. Das inflationäre Wort "Love" in allen möglichen Sprachen sollte meiner Ansicht nach so wenig wie möglich verwendet werden.
(Ich werde mich sicher später noch mehr zu diesem Thema äußern.)

Topic author
Max
Beiträge: 178
Registriert: So 20. Mai 2007, 13:00

Re: Lyrics - Techniken

Beitrag von Max »

@Aprilfrost: ein interessanter Standpunkt, gerade da der Text selber Dir ja sehr wichtig zu sein scheint.
Aprilfrost hat geschrieben: Ob "Rock"-Texte per se besser sind als "Pop"-Texte, sei dahin gestellt. Das inflationäre Wort "Love" in allen möglichen Sprachen sollte meiner Ansicht nach so wenig wie möglich verwendet werden.
Hier hake ich mal ein. :) Nicht weil ich dir widerspreche, sondern weil mich das auf eine Idee bringt.
Worüber ich mich jedes Mal bei den Babyblauen Seiten aufrege: kaum gibt es irgendwo ein Liebeslied zu hören, dreht sich der Rezensent geekelt weg, sodass man fast meinen könnte, dass er mit dem Thema selbst ein Problem hat.

Aber ich weiß, dass du dich eher auf die Charts beziehst, in denen das selbe Thema - entweder das Verlassenwerden oder das Verliebtsein - auf die selbe hohle Art mit ebenso hohler Musik ergründet wird.

Mein Standpunkt also (und wahrscheinlich auch deiner, wenn man das schöne Strawbs-Zitat deiner Signatur richtig deutet) ist, dass auch die Liebe ein Thema für einen guten Text sein kann, sofern sich der Autor dabei etwas denkt und den Text nicht nur schreibt, weil er damit im Mainstream mittreiben kann. :)

In einem anderen Forum habe ich neulich einen Beitrag über Syd Barrett und seine Texte geschrieben, den ich hier vielleicht mal zitieren will.
Ich finde, Syds Texte sind sprachwissenschaftlich nicht bzw. nicht mit normaler Interpretation begreifbar: wer hier nach Reimen, Betonungen und all dem sucht, versucht, eine Kokosnuss mit einem Messer zu öffnen: das ist einfach das falsche Werkzeug.

So wie ich das sehe, ist Syd so ein phonetischer Typ; ich glaube Jon Anderson von Yes geht da ähnlich vor, zumindest klingt es so: der Künstler hat im Kopf ein gewisses Gefühl, eine Vorstellung von etwas, und beschreibt das, indem er die Wörte sucht, die ihm direkt dazu in den Kopf schießen. Phonetisch, weil wirklich nur der Klang des Wortes wichtig ist.

Wenn man hier also irgendwas interpretieren will, müsste man da psychologisch rangehen; aber das kann weder ich noch irgendwer anders, der nicht häufiger mit sowas zu tun hat.

Instinktiv sagt man da: Syd sammelt doch nur bescheuerte Worte und steckt sie hintereinander, das ist ja total schwachsinnig.
Finde ich nicht. Diese Anarchie in den Texten (keine Regeln) heißt ja nicht, dass der Text keinen Sinn ergibt.

Auf ihre Art sind diese Texte in sich stimmig und klingen auch einfach so schön: direkt hat man sie im Kopf, vergisst sie nie mehr, summt sie mit, und bemerkt erst wenn man sie liest, dass man sie eigentlich gar nicht versteht.

"In the evening sun going down when the earth streams in in the morning" (Baby Lemonade)
...ist meine Lieblingstextstelle. Die Aussage davon, keine Ahnung. Trotzdem hört es sich einfach gut an, und dieser scheinbare Widerspruch ist absolut wirkungsvoll ("in the evening(..)in the morning").

Ob das kindlich ist? Julie Tippetts singt "let me have a mind of a child". möglicherweise...die Faszination der Worte selber ist so vielen Textschreibern entgangen.

Den Zugang zu Syd erleichtert hat mir jedenfalls das Booklet der Limited-Edition von "Piper at the Gates of Dawn", wo Syd in Form dieser Collagen ein ähnlich buntes und spannendes Kunstwerk erschaffen hat.
LG,
Max

DocFederfeld
Keymember
Beiträge: 1726
Registriert: Di 18. Aug 2009, 14:53

Re: Lyrics - Techniken

Beitrag von DocFederfeld »

Aprilfrost hat geschrieben:
SOON hat geschrieben:Ich schätze, dass ca. 80% aller Liedtexte belanglos sind und nur dem transportieren von Melodien und Harmonien dienen.
Wahrscheinlich ist die Quote and belanglosen Texten noch höher....
Ich bin einer der wenigen Lyrik-Freunde der Republik, habe auch Gedichtbände einzelner Autoren (Goethe, Rilke, Ringelnatz, Morgenstern, Ausländer, Kaléko...) sowie Anthologien und andere Sammlungen. Das meiste auf deutsch, aber auch einiges Englisches (Keates, Yeats, Frost, Shakespeare...).
Bei vielen "Lyrics", also Texten zu Musik muss ich öfter mal aufstöhnen oder zumindest seufzen. Vieles hört sich wirklich an wie zwischen Frühstücksei und Brötchen hingekritzelt.
Ob "Rock"-Texte per se besser sind als "Pop"-Texte, sei dahin gestellt. Das inflationäre Wort "Love" in allen möglichen Sprachen sollte meiner Ansicht nach so wenig wie möglich verwendet werden.
(Ich werde mich sicher später noch mehr zu diesem Thema äußern.)
Ein sehr guter Beitrag :!: (Ich bin übrigens der andere Lyrikkäufer in Deutschland :lol: )

Ich möchte noch ergänzen, daß ich sehr dankbar dafür bin, daß Englisch nicht meine Muttersprache ist. Ich höre zwar gerne Musik mit Gesang, sehe die Stimme aber in erster Linie als Instrument an. Deutschsprachige Musik höre ich schon aufgrund der überwiegend grauenhaften Texte fast gar nicht (aber auch, weil ich mich bei deutschen Texten auf nichts anderes mehr konzentrieren kann).

Wirkliche "lyrics", Texte, die auch ohne Musik bestehen, gibt es ja wirklich kaum - die besten sind wohl von Bob Dylan und Leonard Cohen.

@Max: Bei Syd Barrett wird viel zu viel interpretiert - er hatte schlicht und einfach eine schizophrene Psychose, ob jetzt durch zuviel LSD ausgelöst oder nicht, aber seine Texte sind überwiegend nicht surreal, sondern leider einfach Ausdruck seiner Erkrankung. Briefe/Texte/Bilder schizophrener Patienten ähneln sich auf unheimliche Weise.
Benutzeravatar

Aprilfrost
Keymaster
Beiträge: 9264
Registriert: Mo 7. Apr 2008, 16:20
Has thanked: 158 times
Been thanked: 112 times

Re: Lyrics - Techniken

Beitrag von Aprilfrost »

DocFederfeld hat geschrieben:Wirkliche "lyrics", Texte, die auch ohne Musik bestehen, gibt es ja wirklich kaum - die besten sind wohl von Bob Dylan und Leonard Cohen.
... die sich ja auch mehr als Dichter denn als Musiker verstehen. (Zumindest Cohen.)

@Max: Danke für Deine Antwort auf meinen letzten Post. Du hast natürlich Recht, dass ich nichts gegen die Liebe an sich habe :D , nicht einmal in der Musik. Jon Anderson hat es ja auch viel mit der (bei ihm häufig göttlichen) Liebe.
"Love will find the Way" - darüber lässt sich nachdenken. Bild "Ouh, Baby, I love you." - ouh, eher nicht.[smilie=tomato.gif] Trotzdem dürfen wir nicht darüber hinweg sehen, woher die populäre Musik eigentlich stammt. Mal ganz verkürzt gesagt sind Schlager - egal welcher Sprache - die legitimen Nachfolger der Minnegesänge. :arrow: http://de.wikipedia.org/wiki/Minnesang. Darum handeln auch so viele Songs eben von diesem Thema.

@Doc: Solange noch jemand Lyrik liest, ist die Welt nicht verloren. Bild

Topic author
Max
Beiträge: 178
Registriert: So 20. Mai 2007, 13:00

Re: Lyrics - Techniken

Beitrag von Max »

DocFederfeld hat geschrieben: Ich möchte noch ergänzen, daß ich sehr dankbar dafür bin, daß Englisch nicht meine Muttersprache ist. Ich höre zwar gerne Musik mit Gesang, sehe die Stimme aber in erster Linie als Instrument an. Deutschsprachige Musik höre ich schon aufgrund der überwiegend grauenhaften Texte fast gar nicht (aber auch, weil ich mich bei deutschen Texten auf nichts anderes mehr konzentrieren kann).
Deutschsprachige Musik hat auch - was ich sehr bedauere - oft das "Schlager"-Feeling: gerade die Rockmusik der 70er-Jahre (Novalis etc.) erinnert gerne mal an Schlager, obwohl dasselbe Lied in Englisch die Ausstrahlung einer echten Prog-Nummer hätte.
Wirkliche "lyrics", Texte, die auch ohne Musik bestehen, gibt es ja wirklich kaum - die besten sind wohl von Bob Dylan und Leonard Cohen.
Stimmt, der Singer-Songwriter-Bereich ist da vergleichsweise ergiebig.
Van der Graaf Generator finde ich mit den fast epischen Texten da auch noch erwähnenswert; "A Plague of Lighthouse Keepers" klingt fast wie die Basis einer Tragödie oder etwas ähnlichem.
Bei Syd Barrett wird viel zu viel interpretiert - er hatte schlicht und einfach eine schizophrene Psychose, ob jetzt durch zuviel LSD ausgelöst oder nicht, aber seine Texte sind überwiegend nicht surreal, sondern leider einfach Ausdruck seiner Erkrankung. Briefe/Texte/Bilder schizophrener Patienten ähneln sich auf unheimliche Weise.
Schwierig.
Ein recht wichtiger Aspekt, aber "sondern leider einfach Ausdruck seiner Erkrankung" kann ich nicht so ganz unterstreichen: auch in psychisch Erkrankten laufen kognitive Prozesse ab, und bei Syd Barrett lag zusätzlich zur Schizophrenie auch ein großes künstlerisches Talent vor.

Von daher finde ich eben, wie bereits erwähnt: klassische Interpretation bringt da nichts, aus welchen Gründen auch immer. Dass das, was Syd da vermittelt, aber komplett sinnentleert ist, würde ich nicht sagen; nicht umsonst sind eben die künstlerischen Machwerke von Menschen mit psychischen Erkrankungen oft auch sehr aufschlussreich.

Syds Leben und seine Schizophrenie waren mit Sicherheit tragisch; die Musik gibt aber einen faszinierenden Einblick in die verzerrte Wahrnehmung dieses Menschen.
Antworten

Zurück zu „Kreatives“